Nach dem Frühstück geben wir bei Sofia die Bestellung des Mietwagens für den nächsten Tag in Auftrag.
Den Zimmerschlüssel lassen wir heute im Hotel. Als wir aufbrechen überreichen wir ihn Sofia, die uns am
Vorabend erzählt hat, sie würde heute in Kérkira eine Kopie davon anfertigen lassen.
Danach machen wir uns auf in Richtung des Strands unterhalb des
Bella Vista.
In der letzten Straßenkehre
zweigt ein Weg in südliche Richtung ab, dem wir folgen. Leider endet er nach einigen hundert Metern
in einem Erdrutsch. Da wir nicht umkehren wollen, wählen wir einen von der verschütteten Straße
abzweigenden Weg, der durch eine Ansammlung direkt am Strand gelegener
Hotelanlagen
hindurchführt,
die um diese Jahreszeit zu kleinen Geisterdörfern mutiert sind. Die in regelmäßigen Abständen auftauchenden
Tore, weisen unmissverständlich darauf hin, dass unser Aufenthalt hier eventuell nicht ganz so gerne gesehen
würde. Ein wirkliches Hindernis stellen sie jedoch zunächst nicht dar, da man sie meistens über seitlich an
ihnen vorbeiführende Trampelpfade umgehen kann. Erst beim allerletzten Tor — inzwischen sind wir
vom Strand aus schon wieder ein ordentliches Stück bergaufwärts marschiert — sieht die Sache
plötzlich knifflig aus. Rechts und links ist das Tor von einer hohen Mauer eingefasst. Zum Glück jedoch
treffen wir hier erstmals auf Menschen — offensichtlich Leute, die hier arbeiten und Vorbereitungen
für die bevorstehende erste Touristenwelle des Jahres treffen. Einer von ihnen schließt uns bereitwillig auf
und entlässt uns in die Freiheit der nun wieder öffentlichen Straße.
Bald treffen wir auf eine
Kreuzung,
an der zu unserer grenzenlosen Überraschung die gelben Markierungen
des Corfu-Trails auf uns warten. Wir folgen den kleinen Metallschildern in südlicher Richtung und biegen dabei
in einen Feldweg ab, der uns in einem ausladenden Bogen durch eine idyllische Plantagenlandschaft zurück
zur Küste führt, die allerdings nun steil zu unseren Füßen liegt. Auf den nächsten Kilometren können wir
großartige Ausblicke über das Ionische Meer genießen. Schließlich geraten wir an eine Kreuzung, von der
aus man nach links nach Sinarádes und nach rechts zu den
Klippen von Aerostato
gelangt, während der Corfu-Trail
geradeaus weiterführt. Wir entscheiden uns für die Klippen zu denen der Weg ein ganzes Stück bergab führt.
Dort machen wir es uns für unsere Mittagspause gemütlich, während die Sonne nach und nach in der
zunehmenden Diesigkeit des Himmels verschwindet.
Auf dem Weg in das nahe
Sinarádes
treffen wir einen Esel, der einsam und scheinbar vergessen am Straßenrand
steht, beladen mit etwas, das eine Mischung aus Packsack und Sattel zu sein scheint. Zu diesem Zeitpunkt
wissen wir zum Glück noch nicht, dass es in Griechenland durchaus nicht unüblich ist, alternde Esel einfach
irgendwo auszusetzen. Nachdem wir uns eine Weile bei dem Tier aufgehalten haben, setzen wir unseren Weg in
den Ort fort. In dem ersten kleinen Laden, den wir entdecken, kaufen wir Wasser und einige Bananen. Die in
Erwägung gezogene Kaffeepause, die wir hier in einer eigens dafür eingerichteten Ecke durchaus in Anspruch
nehmen könnten, verkneifen wir uns, weil uns die Verkäuferin nicht unbedingt das Gefühl gibt, willkommen zu
sein. Statt dessen setzen wir unsere Besichtigung des überwiegend aus alten Häuschen und verwinkelten,
kleinen Gassen zusammengesetzten Dorfes fort. Erst als uns die ersten Regenropfen aufs Korn nehmen, suchen
wir in einem anderen Ladencafé Zuflucht und lassen uns mit Creek Coffee, einem Mokka, versorgen.
Für den Rückweg wählen wir wegen des anhaltenden Nieselregens zunächst die geradlinig und damit kürzer
verlaufende Straße Richtung Pélekas. Erst als wir die Abzweigung zu dem am Morgen durchquerten Hotelkomplex
wiedererkennen, biegen wir von der Straße ab und stoßen nach wenigen Metern wieder auf den Corfu-Trail.
Diesmal folgen wir ihm von hier ab nordwärts, was jedoch mit Anlaufschwierigkeiten verbunden ist, da einer
der Wegweiser eine gehörige Portion Interpretationsspielraum zulässt und uns zunächst entlang eines Trampelpfads
ins Dickicht schickt. Nachdem wir unseren Irrtum eingesehen haben, folgen wir einem wunderschönen, zwischen
Olivenhainen hindurchführenden Weg, der schließlich in der uns
wohlbekannten Straße endet,
die von Pélekas
hinunter zum Pélekas Beach führt.
Eine Viertelstunde später befinde wir uns wieder in unserem
Hotel
und hängen
unsere Sachen zum Trocknen auf. Sofia hat unser Zimmer gereinigt — die Folge eines Missverständnisses:
als wir ihr am Morgen den Schlüssel übereicht haben, hatte sie ihre Ankündigung vom Vorabend, eine Kopie
davon anfertigen lassen zu wollen, schon wieder vergessen, und statt dessen eine unausgesprochene Aufforderung
zum Saubermachen unseres eigentlich noch sauberen Zimmers darin gesehen. Das ganze ist uns mindestens so
unangenehm wie der verlorene Zimmerschlüssel am Abend zuvor. Nichtsdestotrotz werden wir im Aussichtspavillon von Sofia mit
Griechischem Salat, Lasagne und Schweinekotelett versorgt. Danach lässt es das Wetter zu, dass wir den Rest des Abends im
Kerzenschein auf unserem Balkon genießen können.