Zu Hause ist Karfreitag, doch in Griechenland wird der Ostertermin vom Julianischen Kalender bestimmt, und der
sorgt dafür, dass das Fest hier eine Woche später stattfindet. Dafür ist heute schon einmal der Sommer
ausgebrochen. Das Wetter ist sonnig und warm.
Der Mann mit dem Mietwagen wartet schon auf uns, als wir um 9.30 Uhr den Frühstückstisch
ansteuern, dabei war er von Sofia eigentlich für 10.00 Uhr angekündigt. Er überlässt uns den weißen Fiat Scensento
zu 120 Euro für vier Tage. Ungeachtet des Wissens, dass jeder zweite Mietwagen auf dieser Insel dazu verdammt
ist, in einen Unfall verwickelt zu werden, entscheide ich mich für die 20 Euro günstigere Versicherungsvariante
mit 400 Euro Selbstbeteiligung — eine Entscheidung, an der mir sehr bald Zweifel kommen sollen.
Unsere erste Fahrt soll uns zur Lagune Koríssion bringen. Wir nehmen den Berg hinauf nach
Pélekas
in Angriff,
den wir entgegen unseren Befürchtungen trotz des fast leeren Tanks bewältigen. An der Richtung Kérkira
gelegenen Tankstelle lassen wir uns für 20 Euro den Tank etwa zur Hälfte füllen und fahren dann in Richtung
Sinarádes
weiter. Dort legen wir einen Zwischenstopp ein, um Brot zu kaufen. Südlich von
Kastelláni
erwischt es uns dann. Wir verfahren uns. Ohne es zu bemerken, geraten wir von der Hauptstraße ab und mitten
hinein in die Bergwelt um
Káto Pavlianá.
Über enge, kurvige Straßen und schmale Gassen in den
auf dem Weg liegenden Dörfern schleichen wir vorwärts. Die Wege und Aussichten sind eine Augenweide, doch
als Steuermann habe ich davon nicht viel. Jeder Meter erfordert volle Konzentration. Nach einem Schlenker
über
Paramonas Beach
erreichen wir nach gefühlten zwölf Stunden die Abzweigung zur
Burgruine Gardíki,
wo wir unser Auto abstellen. Von hier aus wollen wir zu Fuß weiter.
Die 2 Kilometer, die uns von der Lagune trennen, führen auf ebener Straße an Weinstöcken und Blumengewächshäusern
vorbei. Als wir die
Lagune
erreichen, legen wir erst einmal unsere Mittagspause ein. Der zwischen Lagune und
Meer weiter führende Weg erweist sich dann als Enttäuschung. Anstelle der im Reisführer versprochenen
Orchideen und anderer interessanter Vegetation erwarten uns illegal entsorgte, aufgeplatzte Müllsäcke und
immer wieder Autos, die den Weg scheinbar nur entlangfahren, um ihn möglichst schnell hinter sich zu lassen.
Nachdem wir das
Kanalwärterhäuschen
auf Höhe der Lagunenmitte erreicht haben, kehren wir schnell wieder um.
Der Rückweg bis zum Festland zieht sich wie Kaugummi. Zwischendurch sorgen lediglich ein paar Surfer für
Abwechslung, denen wir kurz zusehen. An dem geteerten Abschnitt der Straße zur
Burg Gardíki
finden wir unsere
Orchideen dann schließlich am Straßenrand. Klein sind sie, und schön, doch trösten können sie uns nun auch
nicht mehr. Wir sind müde. Unter einem Olivenbaum legen wir eine kleine Verschnaufpause ein, ehe wir die
Schlussetappe zurück zum Auto auf uns nehmen.
Trotz des Reinfalls mit der Lagune Koríssion geben wir unserem Reiseführer noch eine Chance. Kordula hat
gelesen, dass man in
Boukári,
einem Örtchen an der Ostseite der Insel die besten Fischtavernen Korfus
findet. Keine Frage, da muss Kordula unbedingt hin. Wir fahren zunächst in Richtung
Messongí
weiter, erwischen dort jedoch die falsche Straße Richtung Süden. Statt an der Küste entlang führt sie ein paar
Kilometer im Landesinneren dazu parallel schnurstracks in die Berge. Im Bergdörfchen
Chlómos
beendet eine Sackgasse unsere Weiterfahrt. Die wieder einmal grandiose Aussicht entschädigt uns für
das schweißtreibende Wendemanöver auf engstem Raum. Zwei Frauen, die wir nach dem Weg fragen und von denen
eine ein paar Brocken Englisch beherrscht, empfehlen uns den Weg zur Hauptstraße nach
Línia
— was fast schon wieder an der
Lagune Koríssion
liegt, von der aus wir aufgebrochen sind — und von dort
nach
Argirádes.
Dort finden wir die entscheidende Abzweigung Richtung Osten mangels Beschilderung
auch wieder erst im zweiten Anlauf. Der Rest der Fahrt verläuft unverhofft glatt. Über winzige Berg- und
Dorfsträßchen gelangen wir zurück zur Ostküste und hinein in das in der Abendsonne badende
Boukári.
Die Ortsbesichtigung dauert hier keine fünf Minuten — mehr gibt das Dorf einfach nicht her. Dann
sitzen wir in der einzigen geöffneten Fischtaverne. Zusammen mit dem Koch suchen wir uns in dessen Kühlschrank
den Fisch aus, den wir zubereitet haben wollen, und der uns mit Griechischem Salat, Pommes frites und
Tzaziki serviert wird. Der Fisch schmeckt ausgesprochen gut und hat fast die Konsistenz von Hähnchenfleisch.
Zum Abschied spendiert uns der Koch einen Ouzo und verrät uns noch einmal den griechischen Namen des Fisches,
den wir aber leider nicht behalten. Wir genießen noch etwas die tiefstehende Abendsonne, bevor wir —
ohne uns ein weiteres mal zu verfahren — die gut ausgebaute Küstenstraße über
Messongí und
Benítses
zurückfahren und irgendwann im Dunkeln unser
Hotel
erreichen.