Warum wir uns Kérkira nicht für einen der nächsten Tage aufheben, an denen wir kein Auto mehr zur Verfügung
haben werden und damit ein leicht mit dem Bus erreichbares Ziel offen hätten, wissen wir selbst nicht so
genau. Doch nach Wanderungen steht uns nicht der Sinn, und so setzen wir uns nach dem Frühstück in den kleinen
Fiat und fahren los.
Wir steuern den gleichen Parkplatz an, bei dem wir am Vorabend Glück hatten. Dieses
Mal haben wir Pech. In einer Querstraße parken wir zunächst gegenüber eines Hauses auf einem kleinen Platz.
Einer der Hausbewohner kommt mit seinem Auto hinzu und meint auf unser Fragen wir könnten ruhig hier stehen bleiben.
Doch so ganz wohl fühlen wir uns nicht mehr, nachdem wir erfahren, dass der Platz normal von den Hausbewohnern genutzt
wird. Also fahren wir noch ein paar Meter und parken - nun schon mitten im Grünen - auf einem kleinen Platz in
einer Kurve am Wegesrand. Dennoch dauert der Fußweg in die Innenstadt nicht lange. Bald durchstreifen wir die
kleinen Gassen westlich der Esplanade und finden auch den Laden mit den Olivenholz-Artikeln vom Vorabend wieder.
Nach einigem hin und her entscheidet sich Kordula für einen kleinen Mörser. Dann spazieren wir entlang der
Esplanade bis zum alten Hafen. Wieder in der Altstadt trinken wir in einem Straßencafé einen Cappucino.
Dann fallen wir in einen weiteren Souvenirladen ein, wo wir Kumquat, Honig mit Nüssen und Olivenseife
erstehen. Der Verkäufer lässt uns von seinem griechischen Nougat probieren und empiehlt uns zum Abschluss
noch die Läden seiner Kumpels in der Umgebung. Doch ich zerre Kordula lieber in die neue Festung. Für 2 Euro
pro Nase können wir uns hier die leeren Schlafsäle längst verblichener Soldaten ansehen, zu denen uns einer der
Aufseher stolz hinführt, und von der Spitze der Anlage einen herrlichen Rundblick über die Stadt genießen.
Auf einer Bank außerhalb der inneren Festungsmauern machen wir Picknick und sehen den Fähren im neuen Hafen
beim An- und Ablegen zu. Dann fällt mir ein, dass unser Tank noch nicht leer ist und wir das Auto in den verbleibenden
Stunden — es ist bereits nach 14.00 Uhr, um 20.00 Uhr müssen wir es wieder abgeben — noch irgendwie nutzen müssen.
Bald darauf sitzen wir wieder in unserem Mietwagen und suchen die Straße nach Norden. Als Ziel haben wir Áfionas
auserkoren. Trotz einiger Einbahnstraßen bedingter Verwirrnisse finden wir die Ausfallstraße Richtung Paleokastrítsa
überraschend gut. Doch dann biegen wir an einer Stelle zu früh ab und verfahren uns mal wieder in den Hügeln vor
der Hauptstadt. Nachdem wir zurück auf die Hauptstraße gefunden haben, kommen wir zunächst gut voran. Hinter Skriperó
wird sie jedoch zunehmend steiler und kurviger. Dafür werden die Ausblicke nun auch spektakulärer. Bei Arkadádes
biegen wir von der Hauptstraße ab und bahnen uns unseren Weg über enge und kurvige Sträßchen, die unsere
Durchschnittsgeschwindigkeit auf Werte zwischen 20 und 30 km pro Stunde absacken lassen. Unterdessen kämpft
sich der Zeiger unserer Armbanduhr unermüdlich voran, während sich der unserer Tankuhr allmählich dem roten Bereich
nähert, was mich zunehmends nervös macht. Eigentlich wollte ich nicht noch mal tanken. Doch im Geiste sehe
ich uns schon mit leerem Tank irgendwo in der Prärie stehen und um Hilfe telefonieren.
Als wir Ágios Geórgios erreichen, ist es bereits nach 16.00 Uhr. Vom Strand aus können wir über die Bucht hinüber nach Áfionas und zum Kap Arilla
blicken. Selbst wenn wir das halbstündige Gegurke für die zusätzlichen etwa 10 km dorthin in Kauf nehmen, für den Spaziergang
bis zur Spitze der Halbinsel wäre es ohnehin zu spät, wenn wir einigermaßen entspannt in unserem Hotel ankommen wollen.
Also belassen wir es bei einer kleinen Pause am Strand und fahren anschließend wieder den Berg nach Pagí hinauf, wo wir
in Richtung Paleokastrítsas abbiegen.
In einem kleinen Örtchen gelangen wir an eine Kreuzung, an der die Beschilderung wieder einmal mehr als unzulänglich ist.
Doch kaum habe ich den Wagen abgebremst, damit wir uns anhand der Karte orientieren können, naht auch schon Hilfe.
Eine Frau mittleren Alters, die an der Kreuzung einen Tisch aufgestellt hat, auf dem sich Wein, Honig und andere
Erzeugnisse finden, die sie offensichtlich zum Kauf anbietet, stellt sich neben das Auto und erzählt uns unaufgefordert,
welche Straße in welche Richtung führt, um uns anschließend ihr Warensortiment anzupreisen — immer schön die Hände an
dem Wagen belassend, damit wir ja nicht einfach weiterfahren können. Offensichtlich ist das die Frau, von der
uns Kai und Martin zwei Abende zuvor erzählt haben, als sie ebenfalls an dieser Kreuzung nicht weiter wussten. Wir
geben uns als dankbare Touristen und kaufen ihr eine Flasche Wein für 2,50 Euro ab, bevor wir weiterfahren.
Bald erreichen wir bekannte Gefilde, kommen durch Makrádes, von wo der Weg zur Burg Angelokastro führt, passieren das Restaurant Golden
Fox, in dem wir vor zwei Tagen unseren Eiskaffee genossen haben und gelangen über die zahlreiche Serpentinen hinunter nach Paleokastrítsa.
Inzwischen versuche ich so spritsparend wie möglich zu fahren und meide die niedrigen Gänge, so lange es geht. Auf der
gut ausgebauten Strecke Richtung Kérkira benutze ich sogar erstmals den fünften Gang. Doch der Sprit reicht. Als wir
Pélekas erreichen und den Berg hinunter zum Bella Vista rollen, ist der Zeiger der Tankuhr knapp unterhalb der Oberkante
des roten Bereiches. Wahrscheinlich haben wir nur wenig mehr Sprit im Tank als vor drei Tagen, als wir den Wagen übernommen haben.
Als ich den Motor auf dem kleinen Parkplatz am Hotel abstelle, haben wir mit dem Wagen ziemlich genau 300 km hinter uns gebracht.
Bevor wir zur Autoübergabe wieder im Hotel sein müssen, nehmen wir uns noch Zeit für einen Strandbummel.
Marias Hund begrüßt uns wie alte Freunde, doch wir erkennen ihn fast nicht wieder. An der rechten Seite ist
sein Fell violett. Offensichtlich hat er sich auf die frisch gestrichenen Planken der Terasse von Maria's
Place gelegt. Er folgt uns, das heißt es wird erst einmal nichts mit ruhig im Sand liegen und lesen.
Zum Glück taucht noch eine Familie am Strand auf, von deren Anwesenheit er sich angelockt fühlt.
Um viertel vor acht sind wir wieder im Aussichtspavillon unseres Hotels. Wir warten zunächst mit der Bestellung des
Abendessens, ehe der Mann vom Autoverleih kommt. Der erscheint diesmal eine gute Viertelstunde zu spät. Die Fahrzeugübergabe
beschränkt sich auf die Aushändigung des Schlüssels und etwas Smalltalk. Keine zwei Minuten nach seinem Auftauchen ist
er auch schon wieder weg. Wir bestellen Griechischen Salat, Hähnchenbrust und Dorade bei Sophia. Danach sitzen wir mit Kai und Martin zusammen, die sich das
Gästebuch geschnappt haben, um an ihrem letzten Urlaubsabend darin ihre Grüße zu hinterlassen, probieren mit ihnen von unserem Kumquat und
tauschen Adressen aus.