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Ausflug nach Berlin


Geländedarstellung: © 1998 Microsoft (Encarta)
[Di, 11. Juli 2006]

Der Ablauf des neuen Morgens gleicht zunächst dem des letzten. Ich versorge uns mit Brötchen und Joghurt aus dem Laden am Campingplatz, danach frühstücken wir, packen unsere Tagesrucksäcke und stapfen zur Rezeption, um uns mit zwei nur 6,00 Euro kostenden Tageskarten für den Nahververkehr zu versorgen, diesmal gültig bis nach Berlin. Wenig später sitzen wir im Bus Richtung Potsdam und lassen uns bis zum dortigen Hauptbahnhof chauffieren. Allzu lange müssen wir nicht auf einen Zug warten. Der Regionalexpress bringt uns innerhalb von 20 Minuten nach Berlin. Am Bahnhof Zoo steigen wir aus.

Mit Hilfe des wenig übersichtlichen Stadtplan-Sammelsuriums in dem geliehenen Berlin-Reiseführer, den wir von zu Hause mitgebracht haben, versuchen wir die Stadt zu erschließen. Einem der beschriebenen Rundgänge folgend tappen wir durch den Tiergarten, überqueren den Landwehrkanal und finden das Freilicht-Laternenmuseum, bei dessen Parkbänken wir uns kurz niederlassen. Das heiße Wetter zehrt schon jetzt an meiner Kondition, um die es bei Stadtbesichtigungen von jeher nicht besonders gut bestellt ist. Nachdem wir die Straße des 17. Juni überquert haben, halten wir vergeblich nach den in dem Reiseführer beschriebenen besonderen architektonischen Bauten aus. Wir tauchen erneut ins endlose Grün des Tiergartens ein, bis wir beim Bundespräsidialamt wieder herauskommen. Auch das nebenan gelegene Schloss Bellevue nehmen wir in Augenschein. Auf dem Dach weht die schwarz-rot-goldenen Flagge, was bedeutet, dass der Bundes-Horst im Hause weilt.

Bis zur Siegessäule ist es nicht mehr weit — scheinbar. Bis wir jedoch den richtigen Treppenabgang und den Tunnel zur Mitte des Platzes gefunden haben, dauert seine Zeit. Das kleine Museum im Unterbau der Säule erweist sich als recht interessant und gibt auf schön gestalteten Schautafeln kompakte Zusammenfassungen zu einigen Epochen deutscher Geschichte wieder. Doch wir haben ja noch etliches anderes anzusehen in dieser Stadt, und so lese ich längst nicht alles durch, sondern folge Kordula über die 285 Stufen auf die Aussichtsplattform. Hier gewinnt man endlich so etwas wie einen Ãœberblick über die Stadt — naja, eigentlich ist es vielmehr ein Ãœberblick über den Tiergarten. Alles andere ist weit weg. In Richtung des Brandenburger Tors auf der Straße des 17. Juni wird gerade das beseitigt, was während der Fußball-WM die Fanmeile gewesen ist, nur um am Wochenende schon wieder der Loveparade die Bühne zu bereiten.

Wieder unten folgen wir ein Stück der Straße des 17. Juni und lassen uns dann abermals ermattet auf einer der Parkbänke des Tiergartens nieder. So kann es nicht weitergehen, dass wir uns hier in diesem Park bereits fußgängerisch verausgaben. Der Umstieg auf den Bus wird beschlossen. Wozu haben wir schließlich diese Tageskarten erstanden. Wir gehen zurück zum Schloss Bellevue, gegenüber dem sich eine Bushaltestelle der Linie 100 befindet &mdah; der Sightseeing-Linie schlechthin, wie wir inzwischen mit Hilfe unseres Reiseführers herausgefunden haben. Am Kanzleramt vorbei fahren wir zum Reichstag, wo wir aussteigen. Die lange Besucherschlange vor dem Gebäude lässt uns jedoch schnell von unserem Plan Abstand nehmen, schon jetzt die Reichtagskuppel zu besuchen. Allmählich möchten auch unsere Mägen, das wir etwas für ihr Wohlbefinden tun. Also marschieren wir weiter in Richtung Brandenburger Tor. In dem Botschaftsviertel dahinter finden wir ein italienisches Restaurant, wo wir uns mit Pizza stärken.

Da es bis zum Holocaust-Mahnmal nicht mehr weit ist und auch das auf meinem Wunschzettel einer Berlin-Besichtigung stand, ist dies das nächste Ziel unseres Rundgangs. Das Areal mit den Stelen erweist sich als aus meiner Sicht nicht so gelungen. Die exakte parallele Ausrichtung der Stelen mindert den erdrückenden Eindruck, wenn man irgendwo zwischen ihnen steht und jederzeit den Ausgang aus dem Feld in Sichtweite hat. Vor dem Eingang zu dem unter dem Feld gelegenen Informationszentrum heißt es warten. In Abständen von fünf bis zehn Minuten lässt man einen Schwall von Besuchern ein, der dann erst einmal durch eine Sicherheitsschleuse muss. Auch uns bleibt dies nicht erspart, und so lassen wir uns und unser Gepäck durchleuchten und das mit Erfolg. "Da ist ein Messer drin!" stellt der Mann hinter dem Bildschirm fest. Peinlich, an das große Taschenmesser in meinem Rucksack haben wir überhaupt nicht mehr gedacht. Nun muss ich es aus dem Rucksack holen und für die Dauer meines hiesigen Aufenthalts gegen einen Bon eintauschen, während mich die umstehenden Leute auf der Suche nach Äußerlichkeiten mustern, die auf eine radikal-islamische oder sonstige verdächtige Gesinnung hindeuten. Wir verbringen eine gute Stunde in der Ausstellung, ehe ich meine Waffe wieder abhole und wir nach einem kurzen Gespräch mit einer der Sicherheitsbeamtinnen über den Sinn derartiger Vorkehrungen das Mahnmal verlassen.

Abermals lassen wir uns mit dem Bus der Linie 100 zum Reichstag bringen. Trotz der vorgerückten Uhrzeit hat der Andrang vor dem Gebäude in der Zwischenzeit nicht nachgelassen, und so reihen wir uns artig in die Reihe der Wartenden ein, die auch hier durch eine Sicherheitsschleuse zum Ausharren gezwungen werden. Diesmal will ich das Ertappt werden vermeiden und schmeiße das Messer direkt mit in die Box zu Schlüsseln und Portemonnaie. Dennoch meint der zuständige Beamte seine Kojak-Miene aufsetzen zu müssen, klappt das Messer auseinander und stellt fest, dass es sich dabei um "eine ganz schöne Waffe" handele. Wir versichern, dass damit außer etlichen Brotlaiben bislang niemand ein Leid zugefügt wurde und bekommen wieder unseren Abholbon. Dann bringt uns der Aufzug auf das Dach des Gebäudes. Unseren nun doch recht späten Besuch der Kuppel müssen wir wahrlich nicht bereuen. Die inzwischen tiefstehende Sonne zaubert eine Atmosphäre in die futuristisch angehauchte Konstruktion, die einem ein Gefühl von Abgehobenheit vermittelt. Es gefällt uns ausgesprochen gut hier oben, auch wenn man vom Reichstag selbst, dem Penarsaal etc., kaum etwas zu sehen bekommt. Dafür sind die Tafeln ganz interessant, auf denen die wechselvolle Geschichte dieses Gebäudes nachzulesen ist. Ãœberhaupt merken wir inzwischen, wie spürbar in dieser Stadt Geschichte ist — vielleicht, weil sie im Gegensatz zu anderen Metropolen auch in jüngster Vergangenheit eine sehr wechselvolle war.

Als wir den Reichstag verlassen und uns mit dem Linienbus zurück zum Bahnhof Zoo zurückbringen lassen, neigt sich der Tag dem Ende zu. Anhand unserer Busfahrpläne recherchieren wir, dass es günstiger ist, in Werder anstatt in Potsdam aus dem Zug auszusteigen und von dort den Bus zum Campingplatz an der Riegelspitze zu nehmen. Um 22.19 Uhr kommen wir in Werder an und müssen dann noch etwa zehn Minuten auf den Bus warten. Gegen 22.45 Uhr sind wir wieder in unserem Camingbungalow und bereiten uns aufs Schlafengehen vor.

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