Obwohl unser Tagesziel noch einmal Berlin heißt, ist an diesem Morgen nach dem Frühstück erst einmal
Packen angesagt. Das Boot, das während des gestrigen Orkans vor unserem Bungalow gelegen hat, ist an
den Seiten mit einer Kruste während des gestrigen Wolkenbruchs aufgespritzten Schlammes überzogen, der
inzwischen schon wieder getrocknet ist. Mit dem Handfeger kratze ich die Schicht herunter, ehe ich das
Boot zerlege und mit dem in der Rezeption geliehenen Staubsauger auch innen vom gröbsten Schmutz befreie.
Anschließend landet es zusammen mit dem anderen Equipment, das nicht mehr benötigt wird, im Kofferraum
unseres Autos.
Unser zweiter Ausflug in die Bundeshauptsstadt verläuft zunächst um einiges schleppender als drei Tage zuvor.
Wieder besorgen wir uns an der Rezeption des Campingplatzes unser Nahverkehrs-Tagesticket, und wieder nehmen wir
den Bus bis zum Potsdamer Hauptbahnhof. Dort jedoch erwartet uns eine unschöne Überraschung. Der Regionalexpress,
der uns nach Berlin bringen soll, fährt aufgrund einer Streckensperrung nicht weiter. Wir folgen dem Tross
frustrierter Bahnkunden und quetschen uns in die S-Bahn, die jedoch aus dem selben Grund nur bis Berlin-Wannsee
fährt. Dort müssen wir auf eine andere S-Bahn umsteigen, die uns auf einer alternativen Strecke nach Berlin
bringt. Das dauert ewig, 40 Minuten sind wir mit diesem Zug unterwegs. Dafür können wir direkt am Nordbahnhof
aussteigen. Von dort ist es nicht weit zu unserem ersten Tagesziel, dem
Dokumentationszentrum Berliner Mauer
an der geschichtsträchtigen Bernauer Straße, das sich bereits früh durch den hier wieder errichteten Teil des
mauerumsäumten Todesstreifens ankündigt. Auch hier wird fast zu vieles geboten, um sich allem bei einer einzigen
Stippvisite mit der ihm gebührenden Gründlichkeit zu widmen. Beeindruckend sind die vielfältigen Bild-, Ton- und
Filmdokumente auf jeden Fall.
Wir setzen unseren Weg zu Fuß in Richtung Zentrum fort. Nächstes Etappenziel: das Kunsthaus
Tacheles
in der Oranienburger Straße. Unterwegs versorgen wir uns noch an der Bäckerei eines Supermarkts mit einem viel
zu trockenen und zu kleinen Streusel-Hefeteilchen. Das Tacheles gibt aus unserer Sicht nicht wirklich viel her
— egal, Hauptsache mal dagewesen ist die Devise. Außerdem finden wir nebenan einen netten ägyptischen
Imbiss, wo wir draußen sitzen und uns den Bauch mit Falaffel auffüllen können.
Zu Fuß ziehen wir weiter, überqueren die Spree mit Blick auf die
Museumsinsel
und finden uns bald auf dem Boulevard
Unter den Linden
wieder. Hier steigen wir wieder in einen der Doppeldecker unserer Lieblingsbuslinie, der Nummer 100,
die uns diesmal vorbei am
Berliner Dom zum
Alexanderplatz
bringt. Kordula möchte unbedingt zur Weltzeituhr, die
jedoch, nachdem wir sie endlich finden, gar nicht so viel hermacht. Gegenüber eines Kaufhauses lassen wir uns
für kurze Zeit nieder, doch die aus den Büschen hinter uns heranwehenden Gerüche, die unzweifelhaft darauf hindeuten,
dass sich hier ein nicht sichtbares, aber stark frequentiertes Open-Air-Urinal befinden muss, treiben uns schnell
wieder von dannen. Wir finden Zuflucht in einem Donuts-Laden, in das wir uns von einer Werbung für ein
Eiskaffee-Getränk locken lassen. Leider kaufen wir das völlig überteuerte, ekelhaft süß und künstlich
schmeckende Zeug in XXL-Größe und als ich den Becher halb leer habe, ist mir regelrecht schlecht.
Ein weiteres Mal nehmen wir die Dienste der Buslinie 100 in Anspruch. Diesmal lassen wir uns zur entgegengesetzten
Endhaltestelle, der
Gedächtniskirche
in der Nähe des Bahnhofs Zoo, bringen. Von dort aus machen wir uns auf die
Suche nach dem Kaufhaus des Westens. Von irgendwoher glauben wir zu wissen, dass sich dieses auf dem
Kurfürstendamm
befindet, und es dauert einige hundert Meter, bis wir unseren Irrtum bemerken. Mit einer weiteren Kurzfahrt per
Bus machen wir die vergeblich gelaufenen Meter wieder wett, und finden das Kaufhaus schließlich in der Tauentzienstraße.
Das
KaDeWe
entpuppt sich schnell als Kaufhaus wie jedes andere auch. Einzig die Feinkost-Abteilung mag uns ein
paar Ausrufe der Kategorie "Schau mal da" zu entlocken. Kordula bleibt an einem Stand hängen, wo ein Mann
Feingebäck mit Schokoguss verziert und deckt sich mit Mitbringseln für die Daheimgebliebenen ein. Erst später
realisiert sie, dass das Zeug weder aus Berlin noch aus Brandenburg stammt, aber so hat sie wenigstens einen
Grund es selbst wegzunaschen.
Wieder außerhalb des Konsumtempels lassen wir uns in einem italienischen Straßen-Eiscafé nieder,
wo ich mir das gleichnamige Getränk und Kordula sich einen Eisbecher gönnt. Danach
fahren wir mit der U-Bahn von der U-Bahn-Station Wittenbergplatz eine Station zurück zum Bahnhof Zoo. Da bis zur
Abfahrt unseres Zuges Richtung Werder noch Zeit ist, beschließen wir spontan, ihm ein Stück entgegenzufahren. Genau genommen
wollen wir zum erst wenige Wochen zuvor neu eröffneten
Berliner Hauptbahnhof
und uns den noch anschauen, bevor
wir dort in den Regionalexpress zurück nach Werder steigen. Wieder treffen wir auf ein Gebäude, das vielen
Fensterputzern auf Jahre hinaus ein arbeitsintensives Betätigungsfeld sichert, eine luftige, transparente
Konstruktion, die über die verschiedenen Stockwerke hinweg interessante Blickwinkel und Perspektiven bietet.
Die Rückfahrt nach Werder verläuft ohne Streckensperrungen und sonstige Hindernisse. Wieder steigen wir
am Bahnhof in Werder auf den Bus zur Riegelspitze um.
Wir beschließen diesen letzten Urlaubsabend im Biergarten des Campingplatzes, wo wir uns an Pommes mit Boulette bzw.
mit Cordon Bleu laben. Die letzten Augenblicke des Abends verbringen wir auf der Bank am Badestrand.