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Regensburg


Geländedarstellung: © 1998 Microsoft (Encarta)
[Mi, 29. Juli 2009]

An diesem Morgen kriegen wir unsere Brötchen nicht an der Rezeption des Campingplatzes, denn wir haben am Vortag dank einer Mischung aus Vergesslichkeit einerseits und Lustlosigkeit andererseits keine bestellt. Ich nehme die Verantwortung dafür auf mich und ziehe los, um einen Bäcker zu suchen — zu Fuß. In irgendeiner der hiesigen Seitenstraßen wird es ja wohl einen Bäcker geben, denke ich. Die erste Seitenstraße ist jedoch ein Fehlgriff. Dafür ist sie recht lang. Sie endet irgendwann einer vierspurigen Hauptstraße. Auch dort ist weit und breit nichts zu entdecken, was auch nur entfernt nach einem Laden aussieht. An einer weiteren Querstraße entdecke ich den Wegweiser zu einer Aral-Tankstelle. Aral-Tankstellen haben doch immer einen Backshop, denke ich. Also latsche ich diese Straße auch noch durch, und habe endlich Erfolg. Die Brötchen sind dort mit 40 Cent pro Stück genauso überteuert wie am Campingplatz. Sollte der Preis bei meiner gestrigen Vergesslichkeit eine Rolle gespielt haben, so hat sie sich in diesem Punkt also nicht ausgezahlt. Immerhin muss ich mir dafür nicht die verdrießlichen Aufseher-Visagen der Campingplatz-Angestellten ansehen. Auf dem langen und öden Fußweg zurück fällt mir ein, dass wir ja seit gestern wieder ein Auto haben, das ich ja auch zum Brötchenholen hätte nehmen können, was jeden Meter noch mal doppelt so lang und beschwerlich erscheinen lässt. Nach einer Dreiviertelstunde bin ich endlich wieder bei unserem Zelt.

Zum Frühstück gibt es Geschenke. Heute ist mein 41. Geburtstag. Endlich bekomme ich meine Regenjacke. Brauchen werde ich sie in diesem Urlaub allerdings nicht mehr. Heute ist das Wetter wieder makellos schön, und laut Wetterbericht soll sich daran auch nichts mehr ändern. Nach dem Frühstück geht es wieder per Bus in die Stadt. Ich habe ja meinen ersten Fußmarsch für diesen Morgen ja schon hinter mir, und außerdem brauchen wir ja noch ein paar konditionelle Reserven für die Stadtführung um 10.00 Uhr. (XXX?)

Wir finden uns rechtzeitig vor dem Touristenbüro ein, wo sich bald eine kleine Gruppe zusammengefunden hat. Unsere Stadtführerin ist eine nicht mehr ganz junge Regensburgerin. Die Führung lässt sich etwas schleppend an. Lange noch stehen wir einfach vor dem Touristenbüro und erfahren einiges über das Alte Rathaus, in dem dieses untergebracht ist und in dem einst der Reichstag tagte. Unsere Stadtführerin weiß recht unterhaltsam und anschaulich zu erzählen. Bald führt sie uns durch die verwinkelten Gassen, erklärt uns am Beispiel eines sehr alten Gebäudes, dass sich das Alter der Häuser immer nach dem Alter der Keller richtet, erzählt aus der Phase der Stadtgeschichte, in der es schick war, sich die Grabsteine des geschändeten jüdischen Friedhofs in die Außenwand des eigenen Hauses zu mauern, wofür es hier und da noch Beispiele gibt, lässt im Schatten des Goldenen Turms den Wettstreit der Patrizier, wer den größten hat — den größten Geschlechterturm —, wieder lebendig werden und erklärt uns, dass wir uns glücklich schätzen können, den Regensburger Dom in unverhülltem Zustand zu Gesicht zu bekommen, wo doch die Regensburger die meiste Zeit ihres Lebens nur auf die ihn umgebenden Baugerüste gestarrt haben, die erst anlässlich des Papstbesuches 2006 weggeräumt wurden.

Ein kleiner Porzellan-und Dekoladen, in den wir geführt werden, entpuppt sich als ehemalige Kapelle eines Patrizierhauses. Der Brunnen des Anwesens ist auch noch erhalten, und steht um die Ecke im Innenhof. Das Lokal des Dampfnudel-Ulis am Fuße des Baumburger Turms, in das wir hineinschauen dürfen, erweist sich ebenfalls als ehemalige Kapelle. Aber auch aus kulinarischer Sicht scheint ein Besuch des Lokals vielversprechend zu sein, und wir beschließen schon mal, später hier noch einmal vorbeizuschauen.

Die Führung endet schließlich nach einem Abstecher zur Porta Praetoria am Ufer der Donau, wo wir noch ein wenig über die historische Wurstkuchl und die Steinerne Brücke erfahren — und darüber, dass für die Regensburger als freie Reichsstädter die andere Flusseite einst Ausland war — was bei mir die Frage aufwirft, ob das vielleicht der Grund dafür ist, dass uns so mancher Regensburger so ganz anders vorkam, als die Bayern, die uns zuvor in diesem Urlaub begegnet sind.

Zum zweiten Mal an diesem Tag nehmen wir das Innere des Dampfnudel-Ulis in Augenschein. Eigentlich ist das Wetter ja wie dafür gemacht, um draußen zu sitzen. Doch hier kann man das nicht machen, ohne etwas verpasst zu haben, und so lassen wir uns im Innern der ehemaligen kleinen Kapelle in einer Nische am Tresen nieder, wo noch zwei Plätze frei sind. Letzteres könnte auch an unserer Nachbarin liegen, die über Eck sitzt und — kaum dass unsere Hintern Kontakt mit den Sitzen aufgenommen haben — ihr Mitteilungsbedürfnis an uns auslebt. Und während wir dieses Deko-Element und jenen auf ein Schild gebannten Spruch von unserem Platz aus betrachten, meint sie jedesmal noch einen draufsetzen zu müssen und unsere Blicke noch zu etwas anderem dirigieren zu müssen. Zugegeben, das eigentliche Highlight, den gläsernen Dampfnudelsarg, in dem sich einer der angeblich ersten in diesen Gemäuern fabrizierten Dampfnudel befindet, hätten wir ohne sie vielleicht wirklich übersehen, und das Ding egal wie alt es nun wirklich ist, ist auf jeden Fall alt genug, um absolut sehenswert zu sein.

Die Speisekarte enthält zwar nicht nur Dampfnudel, sondern auch andere bayrische Leckereien, doch die sind leider schon vergriffen, denn das Lokal freut sich bereits zu dieser frühen Stunde auf seinen Feierabend — wohl dem, der sich so etwas leisten kann. Das macht uns die Entscheidung leichter, und irgendwo wäre es natürlich auch schade gewesen, wenn wir uns davon hätten abbringen lassen, von den so hoch gelobten Dampfnudel zu probieren. Die sind dann tatsächlich ganz hervorragend, obgleich ich zugeben muss, dass ich, wenn ich die Wahl hätte, die deftigen mit der knusprigen, fettig-salzigen Kruste, wie sie meine Mutter macht, jederzeit den Vorzug geben würde, aber meine Mutter ist in diesen Dingen auch schwer zu schlagen. Zwei Stück bekommt jeder von uns, dazu gibt es leckere Vanillesoße, und der Kaffee dazu tut uns nach der Stadtführung auch ganz gut. Auch unsere Nachbarin verabschiedet sich irgendwann, so dass wir unsere Pause nun völlig entspannt genießen können.

Nach dem Dampfnudelessen ziehen wir noch ein wenig durch die Innenstadt. Irgendwann stehen wir dann auch noch mal am Kepler-Haus, über das ich schon vor ein paar Tagen im Reiseführer gestoplert bin, und dessen Besichtigung mich grundsätzlich schon auch gereizt hätte. Doch das hat heute geschlossen, beziehungsweise hätte nur nach Voranmeldung besucht werden können, und im tiefsten Innern bin ich darüber jetzt doch ganz froh, denn jetzt noch durch ein Museum zu schlurfen, wäre des Guten vielleicht doch ein wenig zu viel, und das Wetter ist dafür sowieso zu schade. So gehen wir irgendwann zu dem Laden, in dem wir gestern den Spiegel für unseren Flur entdeckt haben, und da das Ding in der Zwischenzeit keiner haben wollte, haben wir es jetzt. Um es nicht den Rest des Tages mit uns herumschleppen zu müssen, fahren wir mit dem Bus zurück zum Campingplatz, deponieren den Spiegel im Auto und halten anschließend ein wenig Siesta.

Um 17.10 Uhr bringt uns der Bus abermals in die Stadt. In der Nähe des Goliathhauses bleibt Kordula am Sonnenbrillen-Ständer eines Optikerladens hängen. Da bis zuletzt nicht ganz sicher ist, ob nicht vielleicht ich für das Verschwinden ihrer letzten Sonnenbrille verantwortlich bin, kann ich schlecht mein Veto einlegen, als sie an so einem überteuerten, aber sehr gut sitzenden Teil von Esprit hängen bleibt.

Einer Empfehlung unserer Stadtführerin folgend, gehen wir danach zur Dreieinigkeitskirche. Obwohl Regensburg mit Türmen geradezu gespickt ist, bietet die Kirche die einzige Möglichkeit, sich für 2,00 Euro die Stadt von oben aus anzusehen. Und jetzt im Licht des langsam hereinbrechenden Abends wollen wir davon Gebrauch machen. Die Besichtigung eines kleinen Museums ist im Eintrittspreis inbegriffen, uns drängt es jedoch direkt auf dei Kirchturmspitze, und der Aufstieg lohnt sich tatsächlich. Auf dem Rückweg nach unten, kauft Kordula dem Menschen, der den Eintritt kassiert hat, noch ein paar Postkarten ab. Die Fotos darauf, auf denen sich die Morgensonne nach ihrem Aufgang durch den über der Stadt liegenden Nebel arbeitet, hat er selbst von der Kirchturmspitze aus geschossen.

Nach dem gestrigen Abend im Biergarten der Alten Linde ist es schwierig für den heutigen Abend, immerhin der letzte dieses Urlaubs und zudem mein Geburtstag etwas, zu finden, was dieses Erlebnis toppen könnte. Also versuchen wir es erst gar nicht, und obgleich die etwas rustikalere Speisekarte des Biergartens nicht unbedingt ein Geburtstagsmenu hergibt, zieht es uns schließlich wieder dorthin zurück. Durch einen seltsamen Zufall ergattern wir wieder exakt dieselben beiden Plätze des selben Tisches wie am Vorabend. Auch der witzige Kellner von gestern erkennt uns wieder, hat aber leider heute andere Tische, sonst würde der Rest des Abends vielleicht etwas glücklicher verlaufen. Das Unglück beginnt damit, dass sich Kordula ein halbes Hähnchen vom Grill bestellt, bei dem die Kellnerin zuächst nicht genau sagen kann, ob davon nocht etwas da ist. Ich fahre direkt die sichere Variante mit Sauerkraut und Rostbratwürstchen. Dass die irgendwann alleine bei uns eintrudeln, sehen wir zunächst nicht als schlechtes Vorzeichen an, lief das doch gestern hier zunächst ähnlich ab. Erst als sich mein Sauerkraut und meine Würstchen dem Ende zuneigen, wobei auch Kordula ein bisschen was abkriegt, werden wir etwas unruhig und fragen mal nach. Die sichtlich gestresste Kellnerin muss einräumen, dass sie wohl vergessen hat, uns zu unterrichten, dass die Hähnchen alle waren. Etwas missmutig bestellt Kordula ein Ersatzgericht von der Karte, und das Warten geht weiter.

Wie gestern ist es ein wunderschöner Abend, das Wetter ist herrlich, der Blick zum anderen Donauufer berauschend, doch Kordulas ist dahin. Als schließlich soviel Zeit vergangen ist, dass sie sich gezwungen sieht, ein zweites Mal nach ihrer Bestellung zu fragen, murmelt die Kellnerin müde, dass sie vergessen hat, die Bestellung weiterzugeben. Kordula hat wenig Lust noch einmal aufs Essen zu warten, und so sehen wir zu, dass wir unser Bier trinken, zahlen und hier weg kommen. Schade, dass der ansonsten so schöne Abend auf diese Weise verdorben wird. Der Kellnerin kann man nicht einmal richtig böse sein. In dem riesigen Biergarten waren die Angestellten an diesem Abend einfach unterbesetzt. Dass uns zur Entschuldigung nicht einmal ein Bier erlassen wird, wirft auf den Laden abschließend auch kein gutes Licht.

Wir machen uns auf den Nachhauseweg, auch dieses Mal wieder zu Fuß an der Donau entlang. Kordula hat nicht einmal mehr Lust auf ein Eis. Und das kann nur heißen, dass es nun höchste Zeit wird, in unser Zelt zu kriechen und den Tag zu einem Ende zu bringen.

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