Auch an diesem Morgen muss ich einige Schritte mehr auf mich nehmen, um an ein paar Brötchen heranzukommen. Über den Parkplatz hinweg, wo Johanna
und Dieter in ihrem Wohnmobil noch friedlich schlummern, gehe ich in den Ort hinein, wo ich auf der Suche nach einem Bäcker schnell fündig werde.
Für Kordula nehme ich eine zusätzliche Brezel mit.
Das Wetter sieht noch gut aus, auch wenn sich am westlichen Firmament eine erste verdächtige Wolkendecke in Stellung bringt, und so frühstücken
wir auf den Steinbänken,
neben denen wir das Zelt aufgebaut haben.
Danach beginnt das übliche Prozedere: Spülen, Taschen packen, Zelt abbauen.
Unser Boot wollen wir startklar haben, ehe wir uns von Johanna und Dieter verabschieden. Heute haben wir zwangsläufig auch wieder Zelt und
Schlafsäcke mit an Bord, verstauen das ganze jedoch etwas geschickter. Das Zelt kommt mit zu der Isomatte quer unter meine Kniekehlen, Kordulas
Schlafsack mit in den Stauraum im Bug. Lediglich der zweite Schlafsack landet in dem großen blauen Spritzsack auf dem Heck, der damit wesentlich
leichter ist und das Heck nicht so sehr unten drückt wie sonst.
Als wir das Boot zum Flussufer geschoben haben, sehen wir Johanna und Dieter von der Stelle her winken, wo unser Zelt gestanden hat.
Sie kommen zu uns herüber, und setzen uns über den jüngsten Wetterbericht
in Kenntnis, den sie vorhin im Radio gehört haben. Für den Nachmittag sind Unwetter mit Sturmböen, Gewitter und Hagel angekündigt. Von daher
trifft es sich ganz gut, dass wir die
heutige Tagesetappe
vergleichsweise früh in Angriff nehmen können. Zudem haben wir die Option, nicht die
ganze Strecke von 23,5 km bis nach Nittenau zu paddeln, sondern eventuell schon nach 16,5 km in Reichenbach Schluss zu machen, wo sich ebenfalls
ein Zeltplatz befindet. Es folgt der Abschied — für Johanna und Dieter beginnt heute die Heimreise —, und uns wird fast ein bisschen
wehmütig. Nach den zweieinhalb Tagen mit den beiden haben wir das Gefühl, unseren kompletten Urlaub mit ihnen verbracht zu haben — und in
gewisser Weise ist das ja auch so.
Bevor wir loskommen, kommen wir noch einmal mit Wolfgang, dem Kanulehrer der Schulklasse ins Gespräch, vor der wir heute einen gehörigen Vorsprung
haben werden. Neben Weisheiten wie, klar kann man bei Gewitter weiterpaddeln, auf dem Fluss sei schließlich noch nie jemand vom Blitz erschlagen
worden, gibt er uns noch Tipps, wie wir die vor uns liegenden Hindernisse bewältigen sollen. Beim nächsten Wehr sollen wir uns links halten und
einfach drüberfahren! Na gut!
Nicht weniger als sieben Wehranlagen liegen auf dem Weg nach Nittenau vor uns. Dass man wenigstens an der ersten nicht umtragen muss, hört sich
vor dem Hintergrund eigentlich ganz gut an, zumal dieses Hindernis schon nach wenigen Paddelschlägen hinter der Straßenbrücke von Roding
auf uns lauert. Wir halten uns an unsere Paddelbeschreibung und halten uns ab der Brücke brav an der linken Seite. Zu unserer Rechten rauscht das
Wasser über mit Büschen durchsetzten Steine in den niedriger gelegenen Seitenarm des Flusses. Dann kommt das
Wehr
in Sicht, und wir halten nach
den Hinweisschildern Ausschau, von denen in der Paddelbeschreibung die Rede ist. Fehlanzeige! Rechts von dem eigentlichen Wehr befindet sich so
etwas wie eine Durchfahrt. Hätten wir nicht mit diesem Wolfgang gesprochen, würden wir dort jetzt einfach herunterfahren. Doch Wolfgang hat etwas
von "links über das Wehr fahren" erzählt. Wir sind total verunsichert. Sollen wir auf unseren gesunden Menschenverstand hören und rechts fahren, auf
die Gefahr hin, dass dort unten ein paar hinterhältige Steine unter der Wasseroberfläche nur darauf warten, die Haut unseres Faltbootes aufzuschlitzen?
Oder sollen wir gegen unser Gefühl auf die Erfahrung des Kanulehrers vertrauen, und darauf dass er mit "links über das Wehr fahren" auch das gemeint
hat, was wir darunter verstehen? Wir entscheiden uns für letzteres! Das Boot schiebt sich mit dem Bug über die Kante, senkt sich mit dem Bug in die Tiefe
und schrabbt mit dem Hintern über die Wehrkrone — eigentlich vollkommen logisch, das ist Physik! Wir haben noch Glück, dass wir nicht hängen
bleiben und kippen, aber dazu ist die Staustufe auch nicht hoch genug. Ich fluche laut, als wir unten ins Wasser klatschen. Warum nur lässt man
sich immer wieder von dem doofen Gesabbel seiner Mitmenschen vom eigentlich schon als richtig erkannten Pfad abbringen! Zumindest ist jetzt schon mal
klar, dass wir nicht bei Gewitter weiterpaddeln werden.
Wehr gegenüber dem Sägewerk mit
zwei schönen Wasserrädern, die in Betrieb sind. Umtrage über Waldweg. Opas sitzen uns im Nacken.
Rastplatz Imhof
Wir gelangen in einen Flussabschnitt, wo der Regen sehr breit und langsam wird. Fast hat man das Gefühl, auf einem See unterwegs zu sein.
Das ganze ist ein sicheres Anzeichen dafür, dass die nächste Staustufe vor uns liegt. Tatsächlich taucht wenig später die
Wehranlage Dicherling vor uns auf.
Die Ausstiegsstelle, nicht viel mehr als eine Wiese mit platt getrampelter Böschung, befindet sich auf der linken Seite. Wir lassen uns ganz
langsam darauf zu treiben. Und geben so den beiden Opas hinter uns Gelegenheit, an uns vorbei zu paddeln und zuerst auszusteigen. Ich lenke
unser Faltboot zu einer Stelle, die ein paar Meter dahinter liegt, um die beiden nicht zu stressen. Leider erweist sie sich als recht matschig,
so dass ich dann doch noch zu der Ausstiegsstelle muss, wo die beiden Opas ihr Boot an Land gezogen haben. Die beiden haben sich inzwischen
zu einem Päuschen niedergelassen und lassen die Umtragerei langsam angehen, so dass wir uns nun darum bemühen müssen, keine allzu schlechte
Figur bei unseren Geschleppe und Geschiebe abzugeben. Als wir das Boot schließlich auf dem Wagen haben und uns über die zum Teil sumpfige und
schwer zu befahrende Wiese flussabwärts in Richtung Einsetzstelle kämpfen, lassen uns die beiden den Vortritt, was mir überhaupt nicht passt,
da ich mich jetzt beim langwierigen Wiederbepacken des Bootes leicht gestresst fühle. Zu guter Letzt sitzen wir, nachdem auch ich schließlich
wieder im Boot sitze, mit dem Hintern auf dem Grund fest. Die beiden lassen es sich nicht nehmen uns mit der empfindlichen Faltboothaut über
den kiesigen Untergrund ins Fahrwasser zu schieben. Am Ende bin ich nur froh, endlich wieder auf dem Fluss zu sein und die beiden winkenden
Gestalten hinter uns lassen zu können.
Auch nach der Staustufe gewinnt der Regen nur sehr gemächlich wieder an Fließgeschwindigkeit. Wir arbeiten uns mehr schlecht als recht voran.
Es ist schwül geworden und wir fühlen uns irgendwie zu matt, um unser Paddlerdasein in vollen Zügen genießen zu können. Schließlich entscheiden
wir uns, noch vor dem nächsten Wehr eine richtige Pause einzulegen. Wie so oft, wenn man auf einem Fluss unterwegs ist, erweist es sich als gar
nicht so einfach, in der dicht bewachsenen Böschung mit dem matschigen Untergrund eine geeignete Ausstiegsstelle zu finden. Doch dann haben wir
Glück, als wir auf eine kleine von Bäumen umstandene Bucht stoßen, wo wir einigermaßen frei von Schlamm und Schmodder aus dem Boot steigen und
dieses festmachen können. Wenige Schritte davon entfernt finden wir eine
Parkbank,
die den Radweg ziert, der hier das Ufer des Regens entlang führt. Wir lassen uns auf ihr nieder und packen unsere Brötchen aus. Bald ziehen
die beiden Opas in ihrem Kajak wieder an uns vorbei. Als wir zu Ende gegessen haben, würden wir am liebsten schlafen. Es ist heiß, und die Luft
ist fast schon stickig. Wir ruhen uns noch ein Weilchen aus, dann schleppen wir uns wieder zu unserem Boot und paddeln weiter.
In Walderbach wartet das nächste Hindernis auf uns. In unserer Paddelbeschreibung steht, dass das dortige
Wehr mit Treppen in der Mitte ausgestattet
ist, über die man es über die Staustufe tragen könne. Das hört sich für mich sehr abenteuerlich an. Als die Anlage vor uns auftaucht, halten wir
uns links und steuern mit mulmigem Gefühl auf den Abgrund zu. Von Treppen ist nichts zu sehen. Alles was wir erkennen können, ist die Kante hinter
der das große Nichts auf uns wartet. Der Sog des Wassers zerrt gierig an unserem Boot, und ich traue mich nicht noch näher heran. Ein paar Dutzend
Meter hinter uns haben wir eine Ausstiegsstelle an der linken Seite gesehen. Dort wollen wir erst einmal anlanden, um uns einen Ãœberblick zu
verschaffen.
Nachdem wir zurückgepaddelt sind und das Boot sicher vertäut haben, latschen wir einen kleinen Weg entlang, der fließend in das Privatgelände
eines Sägewerks überzugehen scheint. Zwischen uns und dem Fluss stehen Häuser, und so bleibt uns nichts anderes übrig, als weiterzugehen, bis
wir einen Blick auf das Wehr erhaschen können. Schließlich endet die Häuserreihe und wir gelangen an einer Stelle an den Fluss, wo wir unser
Boot theoretisch auch einsetzen könnten, wenn wir es umtragen wollten. Ob wir das hier dürfen, ist eine andere Frage. Von unserer Position aus
sind die Treppen und ihre Lage innerhalb der Anlage gut zu sehen. Kordula ist sowieso gegen Umtragen, also prägen wir uns das ganze gut ein und
latschen zurück zum Boot.
Bei unserer zweiten Anfahrt an das Wehr wissen wir zwar in etwa, wo die Stufen sind. Zu sehen ist jedoch auch diesmal nichts — nur Wasser,
das in die Tiefe rauscht. Ich fühle mich, als sollte ich mit einem aufgespannten Regenschirm vom Eiffelturm springen. Vorsichtig tasten wir uns
an die Kante heran und stoßen, auf einen betonierten Steg, der jedoch vollkommen überflutet ist. Deshalb also ist uns die Orientierung bis jetzt
so schwer gefallen. Nun können wir gefahrlos aussteigen. Das Wasser auf dem Steg reicht etwa bis an unsere Fußknöchel. Kordula wechselt auf die
linke Seite der Treppe, dann dirigieren wir das Boot in eine günstige Position, von der aus wir es vorsichtig die Schräge hinablassen können.
Ich bin schwer erleichtert, als wir das ganze endlich hinter uns haben und unseren Weg fortsetzen können.
Der führt uns nach einiger Zeit zum
Zeltplatz Reichenbach,
wo sich nicht nur einer der als Raststellen gekennzeichneten Plätze entlang des Regens sondern zugleich auch eine Übernachtungsmöglichkeit
auf dem Sportplatzgelände befindet. Da die dortige Toilette Kordula ohnehin ganz gelegen kommt, landen wir an, binden das Boot fest und
nehmen die Parkbank oberhalb der Ausstiegsstelle in Beschlag. Sofort werden wir von einem kleinen Welpen belagert, der an den nahen Baum
gebunden ist und dessen Leine fast, aber eben nur fast, bis zu uns reicht. Das Hündchen stranguliert sich fast bei dem Versuch, diese Distanz
irgendwie zu verkleinern. Irgendwann erscheint die Besitzerin auf der Bildfläche, um Lina, wie das Hündchen offensichtlich heißt, von uns weg
zu ziehen.
Wir plagen uns unterdessen mit der Entscheidung, ob wir hier bleiben und übernachten sollen oder ob wir weiter paddeln. Vom Campingplatz in Nittenau
trennen uns noch 7 km und drei Umtragen. Vor allem letztere werden uns Zeit kosten und wieviel Zeit uns noch bleibt, ehe das Wetter umschlägt wissen
wir nicht. Der Himmel hat sich längst in ein milchig-trübes Etwas verwandelt, das wenig gutes verheißt. Andererseits wird Nittenau in positivem Sinne
etwas urbaner, sprich lebendiger sein, als diese doch recht wenig ansprechende Häuseransammlung an einer Durchgangsstraße, die Reichenbach
darzustellen scheint. Die große, weiße Tafel, die den Wasserwanderer empfängt und darauf hinweist, dass man auf keinen Fall mit dem Zeltaufbau
beginnen darf, ehe man sich nicht telefonisch beim Oberbürgermeister des Ortes oder seinen Bevollmächtigten gemeldet hat, die einem einen Platz
auf der Wiese zuweisen, sprüht auch nicht gerade vor Gastfreundlichkeit. Wir entscheiden uns für Nittenau. In dem Moment, als wir unsere Plätze im
Faltboot wieder eingenommen haben, fallen die ersten Regentropfen. Es sind nur ein paar vereinzelte Exemplare, doch die machen uns deutlich, dass
es wenig wahrscheinlich ist, dass wir eine entspannte Tour nach Nittenau vor uns haben würden.
Wenig später sind wir damit beschäftigt, unser Boot zu entladen und unser Zelt aufzubauen. Den Platz dafür haben wir uns nun doch selbst ausgesucht,
nachdem Kordula sich bei der Frau, die gerade die Toiletten reinigt, vergewissert, dass das so in Ordnung ist. Wir stellen das Zelt nahe einer
kleinen, zu den Seiten hin offenen Holzhütte mit Sitzbänken auf, um bei Starkregen einen nahen Zufluchtsort zu haben. Doch der Regen bleibt vorerst aus.
Eine Untersuchung der Unterseite unseres Bootes ergibt zu unserer Erleichterung, dass unser kleines Abenteuer am Wehr in Roding glimpflich
ausgegangen ist und der Kielstreifen die Bootshaut vor schlimmeren Folgen bewahrt hat.
Obwohl wir immer noch ziemlich schlapp sind, überredet Kordula mich zu einem kleinen Rundgang durch den Ort. Allzu erbaulich ist das nicht. Wir
gehen flussabwärts, bis wir zu einer Kneipe mit Biergarten kommen. Auf einem Schild lesen wir, dass der Schuppen ab 17.00 Uhr geöffnet sein soll.
Das heitert uns etwas auf. Wenn es wettermäßig hart auf hart kommt, könnten wir uns auch hier die Zeit vertreiben. Wir gehen weiter und halten
dabei nach einem Bäcker oder ähnlichem Ausschau. Fehlanzeige! Auf einer Bank nahe der Straßenbrücke über den Regen gönne ich meinen schweren Beinen
ein wenig Ruhe. Der Wind, der während der letzten Stunde beständig zugenommen hat, weist mittlerweile Orkanstärke auf. Der Himmel jedoch sieht aus
wie leergefegt — kein Regenwölkchen zu sehen. Doch wirklich Freude hätten wir nicht, wenn wir nun noch auf dem Wasser und auf dem Weg nach
Nittenau wären, denn dann würde uns der Sturm voll entgegen blasen.
Kordula scheucht mich von der Bank auf und treibt mich schließlich sogar den Berg hinauf, wo sich das Kloster befindet,
das dem Ort seinen Namen gegeben hat. Doch ein Laden findet sich auch hier nicht. Ãœberhaupt wirkt das alles hier sehr verschlafen. Wozu es hier
Bürgersteige gibt, erschließt sich uns nicht. Wir umrunden das Klosterareal und gehen auf der anderen Seite wieder den Berg hinunter, wobei wir
auf den Klosterladen der Behindertenwerkstatt treffen. Der macht aber auch gerade zu, es ist 17.00 Uhr. Kordula ist enttäuscht, bei mir hält sich
das eher in Grenzen. Als wir wieder unten sind, kommen wir abermals an der Kneipe vorbei, die inzwischen eigentlich geöffnet haben müsste.
Hat sie aber nicht. Das Schild im Fenster, wonach Donnerstag, 23. Juli, geschlossen ist, entdecken wir erst jetzt. Leicht demoralisiert
schlurfen wir zurück zum Zeltplatz. Dort geht es inzwischen hoch her. Wolfgangs Schulklasse ist eingetroffen und macht sich in einer Ecke des
Geländes breit. Logisch, dass sie wenig später auch die kleine Holzhütte zehn Meter von unserem Zelt entfernt okkupieren, die wir insgeheim
schon zu unserem Wohnzimmer auserkoren haben.
Unser Abendessen besteht an diesem Abend mangels gastronomischen Angebots aus Erasco-Fleischbällchen und Kartoffelpüree. Im tiefsten lappländischen
Urwald würde uns das wahrscheinlich sogar schmecken, doch die bajuwarische Zivilisation hat uns während der letzten Tagen von Grund auf verdorben.
Die ersten Bissen sind dabei gar nicht mal so schlecht, doch am Ende der Mahlzeit hat man Lust, noch irgendwo ein paar Pommes und eine große Cola
zu trinken, um danach ordentlich rülpsen zu können. Dass wir uns unseren Sitzplatz mit einer Horde Jugendlicher teilen müssen, steigert das
kulinarische Empfinden auch nur bedingt. Zwischenzeitlich kommt taucht die Frau auf, die am Nachmittag die Sanitärgebäude gereinigt hat und den
Platz hier verwaltet, um die Ãœbernachtungsgebühr — 8,00 Euro für uns beide zusammen — zu kassieren. Von ihr erfahren wir, dass es auf
der anderen Seite des Flusses einen Laden gibt, wo wir am nächsten Morgen Brötchen kaufen können.
Als es uns nach dem Essen irgendwann zu eng wird, verziehen wir uns in unser Zelt. Kordula verkriecht sich in ihren T.C. Boyle-Roman, während ich
lustlos daliege, den Abend an mir vorbeiziehen lasse und die Fleischbällchen von Erasco zu ignorieren versuche, die mir im Minutentakt aufstoßen.
Noch ehe ich mich zu irgendeiner Art von Aktivität aufraffen kann, die sich außerhalb der öden Zeltplane durchführen ließe, lässt sich ein melodisches
Klopfen auf der Außenhaut unserer Behausung vernehmen, das allmählich an Intensität und Beats per minute zulegt. Es regnet. Während mit dem Abend
die Dämmerung hereinbricht, gewittert es auch ein, zwei Mal. Wenigstens hat sich der Wind inzwischen beruhigt, und der angekündigte Hagel bleibt
uns auch erspart. Trotzdem bin ich nun richtig gefrustet. Was für ein verkorkster Nachmittag und was für ein öder Abend!
Als der Regen schließlich nachlässt, raffen wir uns dann noch zu einem etwas versöhnlicher stimmenden Abendspaziergang auf. Er führt uns über die
Brücke, auf die andere Flusseite und schließlich zu dem Frischmarkt, den uns die Verwalterin des Zeltplatzes beschrieben hat. Der hat zwar längst
zu, aber irgendein Ziel braucht man schließlich, und wenn es noch so sinnfrei ist. Unterwegs werden wir von einem Hund angebellt, der vor einer
Haustür angebunden ist. Die Besitzerin, die prompt nach draußen kommt, entpuppt sich als die Zeltplatz-Verwalterin, die uns und unser Vorhaben sofort erkennt
— scheinbar ist es eine Selbstverständlichkeit in diesem Ort bei einem Abendspaziergang den geschlossene Lebensmittelladen anzusteuern, was
gibt es hier denn sonst — und uns nochmals erklärt, dass der Laden um die nächste Kurve liegt. Nachdem wir uns den Laden dann tatsächlich
von außen angesehen haben und uns auf dem Rückweg abermals von dem Hund der Zeltplatz-Verwalterin haben ankläffen lassen, fällt uns auf,
dass wir gar nicht nach den Öffnungszeiten gesehen haben. Aber ein drittes Mal wollen wir uns von dem Köter nicht ankläffen lassen, wir haben
schon genug Unruhe in dem Örtchen verursacht, und so gehen wir schließlich zurück zu unserem Zelt.