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Regen-Tour


Geländedarstellung: © 1998 Microsoft (Encarta)
[Mi, 22. Juli 2009]

Der Tag verspricht wieder schön zu werden, und das ist gut so, denn es erleichtert die erste Pflichtübung dieses Morgens, die darin besteht, schnell in den Ortskern zu marschieren und dort ein paar Brötchen aufzutreiben. Die Mitglieder der mit uns zeltenden Schulklasse, die mir scharenweise mit Brötchentüten bewaffnet entgegen kommen, geben mir die Gewissheit, dass ich fündig werde, und so ist es denn auch.

Wir frühstücken vor unserem Zelt und warten darauf, dass Johanna und Dieter auftauchen. Dabei herrscht bei uns ein wenig Aufregung. Kordula hat entdeckt, dass auf der Mailbox ihres Handys ein Anruf vom Jugendamt in Essen eingegangen ist, den sie gestern nicht wahrgenommen hat. Bewegt sich da plötzlich etwas in unseren Bemühungen, ein Kind zu adoptieren? Als schließlich die Anruferin aus Essen erreicht, gint es erst mal wieder Entwarnung. Die Frau will lediglich einen Termin zum Kennenlernen mit uns vereinbaren.

Johanna und Dieter schlafen heute nicht ganz so gründlich aus, denn Dieter hat noch eine Frühsportaufgabe zu bewältigen. Nach dem Frühstück fährt er das Wohnmobil zu unserem nächsten Etappenziel nach Roding. Danach will er mit seinem Fahrrad hierher zurück kommen. Johanna wartet derweil mit dem Kanadier und der dazu gehörenden Ausrüstung beim Zeltplatz. Diesmal sind wir clever genug, Dieter unser Zelt und die beiden Schlafsäcke mitzugeben und uns somit schon einmal um einige Kilo sperrigen Gepäcks zu erleichtern.

Da wir nicht vor 11.30 Uhr mit Dieters Rückkehr rechnen, wollen wir die Zeit nach dem Packen noch für einen kleinen Rundgang durch den Ortskern von Cham nutzen. Dabei decken wir uns mit Bananen, Brezeln und einer Tüte säuerlich schmeckender Nimm 2-Softbonbons ein, die uns im Laufe des Urlaubs noch sämtliche Taschen verkleben sollen. Ein Eis springt nebenbei aich noch für uns heraus. Danach schlendern wir zurück zum Zeltplatz. Gegen 11.15 Uhr sind wir wieder dort — keine Minute zu früh, denn kaum sind wir angekommen, schießt auch schon Dieter auf seinem Fahrrad um die Ecke.

Das Beladen des Bootes geht heute dank fehlendem Zelt und Schlafsäcken deutlich zügiger vonstatten als noch am Vortag, und so dauert es nicht lange, bis wir unsere zweite Tagesetappe in Angriff nehmen können. Bald paddeln wir an der Chamer Innenstadt vorbei und unter der Brücke hindurch, wo ich gestren morgen mit Dieter gestanden und gerätselt habe, wo sich hier der Zeltplatz befindet. Hinter der Brücke fallen uns auf einem alten Turm ein paar Störche auf.

Wenig später schon erwartet uns mit der Wehranlage Cham-Grabenmühle das erste Hindernis an diesem Tag. Zwar gibt es auch hier eine Bootsrutsche, doch scheint es diemal unstrittig zu sein, dass diese aufgrund des Wasserstandes unbenutzbar ist. Das Wasser umflutet die rote Markierung einer bei dr Gasse einbetonierten Stange, und vor uns ist gerade die Schulklasse, die mit uns auf dem Zeltplatz übernachtet hat, dabei unter Anleitung ihres Kanulehres Wolfgang, ihre komplette Kanadier-Flotte zur Straße hinauf zu hieven. Ruckzuck haben wir so noch einige Hände mehr zur Verfügung, die uns beim Bergen unseres Faltboots helfen. Oben auf der Straße geht es dann recht lebendig zu. Jede Menge Boote, Jugendliche und daneben immer wieder vorbeifahrende Autos. Nachdem unser Boot auf dem Wagen sitzt, steuern wir es die Straße entlang. Auf halber Strecke zur Einsetzstelle können wir einen Blick zwischen den Häsern hindurch auf die Wehranlage und die Bootsrutsche erhaschen. Von hier aus sieht man, dass sie tatsächlich völlig überflutet ist. Vor allem im unteren Bereich schießt das Wasser rechts und links über die Umrandung. Eine Befahrung mit dem Boot wäre hier zum völlig unkontrollierbaren Abenteuer geworden. Durch eine Tordurchfahrt ohne Bürgersteig hindurch und über eine Brücke hinweg erreichen wir mit dem aufgebockten Faltboot die Stelle, wo wir unterhalb des Wehres wieder hinunter an den Fluss gelangen. Die Schulklasse hat sich hier erst einmal ausgebreitet, um noch eine Pause einzulegen. Das erspart uns langes Schlangestehen an der Einsetzstelle. Bald sitzen wir wieder im Boot, während das Wehr und allmählich auch die letzten Häuser von Cham hinter uns bleiben.

Der Regen fließt nun durch eine breite Auenlandschaft, die er mit unzähligen Windungen auszufüllen versucht — ein Abschnitt, der damit etwas weniger aufregend ist, als das, was wir bisher gehabt haben. Auf den nächsten xxx Kilometern säumen weder große Steine, Wehre, noch sonstige Hindernisse unseren Weg, und so können wir uns völlig entspannt unsere Faulenzerseele baumeln lassen. Wenigstens sorgen Dieter und Johanna für ein wenig Druck. Immer wieder paddeln uns die beiden in ihrem Kanadier davon, so dass wir zusehen müssen, nicht völlig den Anschluss zu verlieren.

Als wir irgendwann den ausgewiesenen Wasserwanderrastplatz Untertraubenbach erreichen, ist es höchste Zeit für eine richtige Pause. Denn allmählich tut uns doch wieder der Hintern weh. Während Johanna und Dieter ihr Kanu die Böschung hinauf hieven, lassen wir es im Wasser und vertäuen es mit Hilfe einiger Äste am Gebüsch. Dann schmeißen wir uns auf die große Wiese, die zu dem Rastplatz gehört, und durchstöbern unsere Taschen nach Essbarem. Mit der Beschaulichkeit dort ist es bald vorbei, denn kurze Zeit später, taucht die Schulklasse wieder auf. Während ich ihre Anlegemanöver beobachte, bange ich um unser Boot — vor allem darum, dass wir dort nachher auch wieder hineinkommen, denn irgendwann ist es von den Kanadiern der Schulklasse regelrecht umzingelt. Wir beschließen unseren Aufenthalt mit der Besteigung des wenige Dutzend Meter entfernt stehenden Aussichtsturms, der einen Blick in die Vogelwelt des hiesigen Wiesenbrüter-Gebietes erlauben soll. Danach klettern wir wieder in unsere Boote, auch an unseres kommen wir schließlich doch wieder heran.

Bei Pösing tauchen wir wieder in die Zivilisation ein, und prompt gewinnt auch unsere zuletzt wenig aufgregende Paddelei wieder an Abenteuer. Hinter der Straßenbrücke in Pösing erwartet uns ein kräftiger wenn auch harmloser Schwall — der einzige an diesem Tag.

Gegen Ende der Tour treffen wir nach längerer Pause auch mal wieder andere Paddler. In einem Zweier-Kajak sitzen zwei ältere Herren, einer von ihnen hat etwas längere Haare, weswegen ich die beiden aus der Ferne zunächst für ein älteres Ehepaar halte. Während mal wir die beiden überholen, dann die zwei wieder an uns vorbeiziehen, wechseln wir ein paar Worte. Die beiden sollen uns die nächsten Tage noch öfters begegnen.

Dann kommt schließlich Roding in Sicht, nach 22,5 km das Ende unserer heutigen Tagesetappe. Wir landen links an der markierten Ausstiegsstelle an, und befinden uns auf einem riesigen Parkgelände, das die Gemeinde während des Sommers Quartier suchenden Wasserwanderern zur Verfügung stellt. Das ein oder andere Zelt steht bereits. Dieters Wohnmobil steht auf dem sich dem Gelände anschließenden Parkplatz. Dort wollen die beiden die Nacht über auch bleiben. Wir hingegen müssen uns für die Ãœbernachtung anmelden, und fragen uns durch. Ein Typ, den wir am Sportplatz nebenan fragen, will uns ins Ortsinnere schicken. Zum Glück stolpern wir kurz darauf noch über jemanden, der es besser weiß, und uns zu einer Art Sportlerklause schickt, die etwas versteckt am Ende eines Stichweges liegt. Dort erhalten wir gegen eine Gebühr von zusammen 6,00 Euro für die Nacht einen Schlüssel, der uns Zugang zu einem am Gebäude befindlichen Schlüsselkasten verschafft, dessen Inhalt uns widerum Zugang zu Dusche und WC verschafft — und natürlich die Lizenz zum Zelten. Von der Klause aus kommt man über einen sehr viel kürzeren Spazierweg wieder auf das Parkgelände. Nachdem wir von Dieter Zelt und Schlafsäcke zurück erhalten haben, stecken wir unweit einer kleinen Brücke, die quasi den Eingang zu dem Gelände markiert, unseren Claim ab — damit haben wir es zwar etwas weiter zum Wasser, aber recht nah zu den Sanitäranlagen, und den Weg zum Wasser müssen wir innerhalb der nächsten zwölf Stunden wahrscheinlich weniger oft zurücklegen. Eine Reihe von Betonsteinen bildet zwei Bänke, auf denen wir uns zudem ausbreiten können.

Während Kordula unter der Dusche steht, treffe ich Johanna. Wir unterhalten uns kurz darüber, dass sie sich noch nicht entschieden haben, ob sie morgen vielleicht doch noch eine Etappe mit uns paddeln wollen oder ob sie lieber, wie ursprünglich geplant den ersten Teil ihrer Heimreise in Angriff nehmen wollen. Dabei missverstehe ich Johanna dahingehend, dass die beiden nun doch zu ersterer Variante tendieren, und freue mich ungerechtfertigterweise. Nachdem auch ich unter der Mannschaftsdusche gestanden habe — zusammen mit einigen Jungs von der Schulklasse, die inzwischen auch in Roding eingetrudelt ist und sich zum Glück etwas weiter von uns weg und recht nah am Wasser eingerichtet hat — und Kordula auch noch mal mit den beiden gesprochen hat, steht fest, dass sich ab dem morgigen Tag unsere Wege wieder trennen, wobei bei Johannas und Dieters Entscheidung auch der Wetterbericht, den sie im Radio verfolgt haben und der für den morgigen Tag ein Unwetter prophezeit, eine Rolle spielt. Ab morgen paddeln wir also ohne die beiden weiter — ein seltsam melancholisches Gefühl nach den beiden gemeinsam verbrachten Tagen.

Aber immerhin bleibt uns ja noch ein gemeinsamer Abend. Den verbringen wir zunächst damit durch Roding zu spazieren und uns den Ort anzusehen, der sehr viel kleiner als das fast schon städtische Cham ist, aber dennoch eine gewisse Auswahl an Gastronomie bietet. Wir entscheiden uns schließlich für die Terasse des zentral am Marktplatz gelegenen Hotel-Gasthofs Lobmeyer. Die Speisekarte bedient zwar eher gehobenere Ansprüche als meine bayrisch-rustikalen Gelüste, doch immerhin findet sich noch ein Schweineschnitzel für mich, während Kordula mit einem Thunfischsteak auch auf ihren Geschmack kommt. Wieder wird es ein gemütlicher und unterhaltsamer Abend, der schließlich noch dadurch bereichert wird, dass sich in der hereinbrechenden Dämmerung auf dem Dachfirst des Hauses nebenan, ein Storch niederlässt, was sowohl Kordula als auch Dieter dazu veranlasst, die Grenzen ihrer Digitalkameras auszuloten, um den Anblick des Vogels für die Nachwelt zu retten.

Einige Biere später machen wir uns auf den Nachhauseweg. Am Parkplatz neben dem Parkgelände trennen sich unsere Wege. Während Johanna und Dieter in ihr Wohnmobil schlüpfen, spazieren wir noch ein paar hundert Meter zu unserem Zelt. Noch leuchten die Sterne über uns. Ein letzter Gang zum Sanitärgebäude, dann betten auch wir uns zu unserer wohlverdienten Ruhe.

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