Scheinbar hat es sich herumgesprochen, dass es bei uns zum Frühstück stets leckere Sachen gibt. An diesem
Morgen leisten uns zwei Enten Gesellschaft, die sich den ein oder anderen Brötchenkrumen abholen. Wir gehen
den Tag gemächlich an. Auf unserem Programm stehen das Vorbereiten der großen Paddel-Tour nach Berlin und
das WM-Viertelfinalspiel zwischen Deutschland und Argentinien. In der Rezeption erkundigen wir uns nach
Bedingungen und Möglichkeiten, das Auto während der kommenden Woche auf dem Campingplatz zu belassen.
Beides überzeugt uns nicht, so dass wir beschließen, uns später nach Parköglichkeiten in Bahnhofsnähe umzusehen.
Dann beginnt die Umpackerei. Wir holen die wasserdichten Packsäcke aus dem Auto und zerbrechen uns die Köpfe
darüber, was dort hinein darf und was in die Taschen und darin ins Auto wandert. Der Zustand meiner Paddel
stellt mich vor das nächste Problem. An den Ruderblättern hat sich der Zahn der Zeit ein ordentliches Stück
abgebissen. Die beiden Paddeltouren in dieser Woche haben die Ränder aufgeweicht und wellig werden lassen.
Die Ersatzpaddel, die wir im Auto liegen haben, haben leider keine Tropfringe. Doch wir haben Glück. Der Mann
bei dem zum Campingplatz gehörenden Bootsverleih treibt für uns ein paar alte Tropfringe in seinem Lager
auf, die wir über die Paddel ziehen können.
Später ziehen wir dann in die Stadt. Das unmittelbar bevorstehende Spreewald-Schützenfest wirft seine Schatten
voraus. Überall stehen Bierzelte, Imbissstände, Bühnen und Straßensperren. Wir fragen uns zu einer Drogerie
durch, denn wir brauchen Mülltüten, in die wir beim Paddeln unsere Isomatten stopfen, bevor wir sie unter unseren
Knien verstauen. Die habe ich leider nicht eingepackt, obwohl sie zu Hause eigentlich auf meiner Liste standen.
Eine Frau weist uns den Weg zur Drogerie. Die Richtung, die sie uns angibt stimmt, die Entfernung dagegen
keineswegs. Anstelle der angegebenen hundert Meter latschen wir bestimmt das Vierfache, ehe wir den Laden
finden, womit wir schon fast nicht mehr gerechnet haben. Nachdem wir uns mit den Mülltüten und noch ein
paar Batterien für die aufgrund unserer Kniffelabende arg strapazierte Taschenlampe eingedeckt haben, latschen
wir weiter, um den Bahnhof zu finden. Als wir zur Bundesstraße gelangen, müssen wir dort ein ganzes Stück in die
entgegengesetzte Richtung zurück latschen. Immerhin ergattern wir am Bahnhofsschalter ein paar Faltfahrpläne,
aus denen sich die Nahverkehrsverbindungen zwischen Berlin und Lübbenau entnehmen lassen. Die stadteinwärts
führende Straße bietet schöne Parkmöglichkeiten, die wir am nächsten Morgen für unser Auto nutzen wollen.
Befriedigt treten wir den Rückweg an.
Wir sind zeitig am Restaurant Fontane, um noch einen Platz in dem Zelt ergattern zu können, in dem ab 18.00 Uhr
das WM-Viertelfinalspiel zwischen Deutschland und Argentinien zu sehen sein wird. Die Plätze ganz vorn erweisen
sich natürlich als reserviert, doch weiter hinten — fast schon wieder im Freien — finden wir ein
nettes Plätzchen an einem kleinen Tisch. Leider wird es im Verlauf des Abends dort etwas kühl, worauf wir
nicht wirklich vorbereitet sind. Die Getränke-Versorgung verläuft angesichts des Andrangs etwas schleppend, und mein
Radler schmeckt und sieht aus wie Sprite mit Bierschaum, ansonsten könnte die Stimmung ganz gut sein, wenn die
deutsche Mannschaft, die wenigen Chancen, die sich ihr bieten, ein wenig besser nutzen würde. Statt dessen
drückt Anfang der zweiten Halbzeit das 0:1 auf unser Gemüt. Entsprechend groß sind Jubel und Erleichterung,
als zehn Minuten vor dem Schluss der Ausgleich fällt, der uns in die Verlängerunng und schließlich ins Elfmeterschießen rettet.
Nachdem das Spektakel vorbei und Argentinien ausgeschieden ist — bei der nebenher stattfindenden Tombola
gewinnen wir übrigens leider nicht das offizielle DFB-Trikot —, verziehen wir uns ins warme Innere des
Restaurants, um uns noch etwas zu essen — Röstis mit Räucherlachs bzw. überbackene Putenbrust
mit nicht gegrillter Ananas — zu bestellen. Beim Bezahlen der draußen konsumierten Getränke kommt es
noch zu etwas Durcheinander. Wir haben ein Bier zu wenig auf der Rechnung, das wahrscheinlich zuvor unserem
Tischnachbarn abgerechnet worden ist. Beim Bezahlen des Essens werden wir hinterher fast vergessen — die
Quittung kriegen wir lange bevor wir Gelegenheit bekommen, das Geld abzudrücken.
Als wir das Restaurant verlassen, herrscht in der Stadt bereits Party. Das Schützenfest hat begonnen. Wir ziehen
aber eigentlich nur durch die Stadt, um noch einen Briefkasten für die Postkarten zu finden, die ich nachmittags
am Zelt geschrieben habe. Wir müssen die halbe Stadt durchforsten, ehe wir endlich einen finden. Auf dem Rückweg
zum Campingplatz streifen wir noch ein wenig durch den Schlosspark und trällern Kordulas Schwester Sandra per Handy ein "Berlin, Berlin,
wir paddeln nach Berlin"-Liedchen auf den Anrufbeantworter.
Auf unserem Platz ist es voll geworden. Vor unserem Zelt hat sich eine Gruppe von mehreren Dutzend Leuten aller
Altersklassen breitgemacht und verwandelt das Areal mit Hilfe einiger zwischen den Zelten in einer langen Reihe
stehender Tische in eine Partymeile, was den hiesigen Wohlfühlfaktor deutlich absenkt. Dass unter anderm ein
Würstchen gegen unser Zelt geworfen wird und sich dort mit einem schmierigen Fettfleck verewigt, mindert diesen
Effekt ebenso wenig, wie die Tatsache, dass sich einige der Neuankömmlinge zum Pinkeln lieber an das Gewässer
hinter unserem Zelt begeben als zum Toilettenhäuschen. Der anstehende Abschied von Lübbenau wird uns unter
diesen Umständen sicherlich nicht schwer fallen. Trotzdem schade, dass dieser Teil des Urlaubs so ausklingen muss.