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Tour nach Priepert


Geländedarstellung: © 1998 Microsoft (Encarta)
[Mi, 23. Juli 2008]

Das ist er also, der Tag, an dem auch hier endlich der Sommer ausbrechen soll. An diesem Morgen merken wir allerdings noch nicht viel davon. Zwar ist es nicht mehr so kühl wie noch vor einigen Tagen, aber der Himmel zeigt sich noch etwas bedeckt. Nach dem Frühstück gebe ich mich der üblichen Packroutine hin. Auch unsere Rheinsberger Nachbarn haben mit dem Abbau ihres Lagers begonnen.

Kordula unsersucht inzwischen, ob sich das Problem mit der abgebrochenen Nut für ihre Boots-Rückenlehne nicht doch irgendwie beheben lässt. Nachdem sie die Luftkammern des Bootes geleert hat, um die Boostshaut vom Süllrand herunterklappen zu können, entdeckt sie, dass die Nuten am Süllrand tatsächlich geschraubt und nicht wie von mir vermutet genietet sind. Somit ist es ein Leichtes, die abgebrochene Nut gegen eine intakte auszutauschen, die nur zum Fixieren der Bootshaut benutzt wird.

Als das Boot repariert ist und wir die Luftkammern endlich wieder aufgepumpt haben, werfen auch unsere Nachbarn die letzten Sachen ins Auto. Obwohl sie Krempel ohne Ende abtransportieren müssen, sind sie am Ende schneller weg als wir. Wir geben den Grill zurück und deponieren unser Leergut am Glascontainer, auf das sich irgendwer ihrer erbarmt und sie zu Geld macht. Dann geht es hinaus auf den Rheinsberger See. Der Wind macht uns diesmal keinen Ärger. Wir umrunden die Remus-Insel und tauchen in den Kanal ein, der uns zum Schlabornsee zurückbringt. Zum ersten Mal paddeln wir eine Strecke ein zweites Mal. Sie bleibt trotzdem interessant. Die Motorboote nerven ein wenig, hauptsächlich wegen des penetranten Gestanks nach Dieselabgasen, die uns jedes Mal umgeben, wenn eines der Dinger an uns vorbeizieht. Kurz vor einer Straßenbrücke überholt uns das aus Rheinsberg kommende Ausflugsboot der Weißen Flotte. Es passt gerade so zwischen der Brücke hindurch. Dennoch brettert es bei der Passage gegen die Brückenwand.

Im Jagowkanal müssen wir gegen die Versuchung ankämpfen, nocheinmal einen Abstecher zum Insel-Kiosk zu machen. Doch wir widersagen. Ohne Pause geht es weiter in den Tietzow See, den Großen Prebelowsee und in den Hüttenkanal hinein. Das Wetter entwickelt sich derweil prächtig. Die Sonne ist zum Vorschein gekommen und beginnt uns allmählich einzuheizen. Die Sonnencreme ist gefragt. Ein Faltboot der Marke Pouch erregt unsere Aufmerksamkeit. Es hat in etwa die Größe unserer "Lisa", dennoch sitzen fünf Personen darin — zwei Erwachsene und drei kleine Kinder, die sich artig in die verbleibenden Lücken haben verpflanzen lassen und die Fahrt klaglos staunend über sich ergehen lassen.

Wir passieren die Marina Wolfsbruch und gelangen an die Schleuse, die unsere erste kleine Pause bedeutet. Da sich bereits ein regelrechtes Rudel gebildet hat, das auf das Öffnen der Tore wartet, müssen wir ganz nach vorne paddeln, auch an allen wartenden Paddlern vorbei. Die lassen wir dann aber erst einmal wieder passieren, nachdem die Ampel auf grün gesprungen ist. Wir passen trotzdem noch dazu. Im Rudel schießen wir auf der anderen Seite der Schleuse wieder heraus und liefern uns kleine Sprintduelle mit den anderen Paddlern, bis uns die Lust ausgeht.

Bald liegt auch der Hüttenkanal hinter uns. Unter der uns schon bekannten Straßenbrücke bei Kleinzerlang hindurch gleiten wir zurück in den Kleinen Pälitzsee. Die Pflicht liegt hinter uns — wir sind die ganze Tour vom Montag praktisch ohne Pause wieder zurückgepaddelt, immerhin 12 km. Ab jetzt folgt die Kür. Fast automatisch nehmen wir das Tempo etwas raus. Ein noch zu Kleinzerlang gehörender Biergarten zu unserer Rechten sendet lockende Signale aus, doch noch können wir widerstehen. Wir paddeln den Kleinen Pälitzsee entlang und sehen zu unserer Linken den Campingplatz von Canow auftauchen und wieder verschwinden. Als sich der See etwas verengt, wechseln wir vom Süd- ans Nordufer. Das Südufer ist hier zu sehr bebaut, und allmählich wird es doch Zeit, ein nettes Plätzchen für eine Pause zu finden. Kordula fängt langsam an zu quengeln. Trotzdem muss sie sich noch ein wenig gedulden, da ich nicht gewillt bin, das erst beste anzusteuern. Am Anfang einer weitläufigen Bucht werden wir schließlich fündig. Hinter einer Lücke im Schilfgürtel grenzt ein Waldstück ans Wasser. Sehr schattig zwar, aber nett gelegen. Wir vertäuen das Faltboot an einem Baum und machen es uns unter der Bäumen gemütlich, vertilgen die Brötchen, die wir uns beim Frühstück für die Tour gerichtet haben, und lesen uns ein bisschen vor. Irgendwann komme ich auf die Idee zu schwimmen. Da sich meine Badehose irgendwo in den Untiefen des Faltbootes befindet, muss es ohne gehen. Kordula kramt dagegen lieber nach ihrem Bikini. Das Wasser ist leider noch nicht so warm, wie es das Wetter vemuten ließe, aber der See ist nunmal seines Namens zum Trotz doch nicht so klein und braucht einfach seine Zeit, bis er sich ein wenig aufgeheizt hat.

Als wir gerade wieder aus dem Wasser steigen sehen wir in der Ferne eine kleine Armada von Paddelbooten auf uns zuhalten. Aus Ahnung wird bald Gewissheit. Die wollen hierher. Vorbei ist es mit der idyliischen Zweisamkeit. Dies hier ist halt doch Deutschland und nicht Schweden. Also besser wieder Klamotten anziehen. Wenig später legt die Gang — alles Mitglieder im Vorruhestandsalter — in unserer Bucht an. Durch meinen unwirschen Gesichtsausdruck lassen sie sich leider nicht davon abschrecken. Der Vorausfahrende textet uns mit irgendwelchem Kram zu, von wegen er hätte auch so einen Aerius wie wir zuhause, aber mit seinem neuen Boot, würde das alles doch viel mehr Spaß machen. Dann zerrt er seinen Kahn aus dem Wasser, wobei er ihn über unser Bootsheck hinwegzieht und sich hoffentlich eine schöne dicke Schramme an der Oberseite unseres Steuerblatts einhandelt. Der Rest der Bagage folgt ihm, tritt dabei aber etwas sympathischer und umsichtiger auf. Bald darauf haben sie sich einige Meter hinter uns niedergelassen, ein paar von ihnen gehen schwimmen. Wir dagegen machen uns langsam wieder startklar. Der Platz hat für uns seinen Reiz verloren.

Vom Kleinen gelangen wir in den Großen Pälitzsee, lassen es dabei aber weiterhin gemächlich angehen. Zwischendurch lassen wir das Boot einfach nur treiben, und ich lese Kordula zwei weitere Kapitel aus "Virus im Netz" vor. Dann paddeln wir langsam auf Strasen zu, wo die nächste Schleuse auf uns wartet. Bereits vor der Einfahrt in den Kanal, der aus dem See hinausführt dümpeln Motorboote, die an der Wartestelle vor der Schleuse keinen Platz mehr finden. Uns kann das schnuppe sein. Wie gewohnt, ziehen wir an dem ganzen Haufen vorbei. Der Kanal erweist sich als recht unübersichtlich. Dort wo die Warteschlange ihren Anfang nimmt, wird es noch einmal enger. Von der Schleuse selbst ist nichts zu sehen. Die liegt in einer leichten Rechtskurve verborgen. Lediglich eine Ampel vor der Kurve lässt die Wartenden wissen, was Sache ist. Wir sind etwas irritiert, weil sich hier keine weiteren Paddler befinden. Sind wir hier tatsächlich die einzigen, oder warten weiter vorne in der Kurve noch mal welche? Bevor wir irgendetwas grundlegend Falsches anstellen, beschließen wir, am besten ersteinmal gar nichts zu tun. Und das liegt an dem kleinen Hafen, in den man vor der Kurve links einbiegen kann. Zu dem Hafen gehört das Restaurant "Zum Löwen", von dessen Terasse aus man einen prima Ãœberblick über das Treiben vor der Schleuse hat. Also nichts wie hin, schließlich haben wir Urlaub. Bei einem Eiscafé und einem mit Früchten gefüllten Pfannkuchen mit Cappuccino bereiten wir uns in Ruhe auf unseren nächsten Schleusengang vor. Tatsächlich ist es ganz interessant, dem bunten Treiben unter uns zuzusehen. Bis dahin, habe ich mich über den großen Zuschauerandrang bei den Schleusen immer ein wenig gewundert. Die Schleuse öffnet sich, und nachdem die Boote darin in Richtung Großer Pälitzsee verschwunden sind, gehen die Manöver der Wartenden los. Das letzte Boot, das noch mit in die Kammer will, dreht schließlich wieder um — spannend, in dem engen Kanal kommt der Steuermann ganz schön ins Schwitzen, und wie lecker doch so ein Eiscafé dabei schmeckt — danach wird ein kleineres Boot doch noch mit hinein gewunken. Der Schleusenwärter muss weite Wege gehen, um in der Kurve von den Wartenden gesehen zu werden. Armer Kerl — schlürf!

Als wir nach einer ganzen Weile wieder ins Boot steigen, sind wir noch immer die einzigen Paddler, die die Schleuse in dieser Richtung befahren wollen. Dabei dauern die Schleusengänge hier recht lange, wie wir während unserer Pause festgestellt haben. Auch wir müssen uns noch eine ganze Weile in Geduld üben, während wir gegenüber der Restaurantterasse darauf warten, dass die Ampel von Rot auf Grün springt. Endlich ist es soweit. Wir lassen die Motorboote an uns vorbei, während wir uns vorsichtig am Rand des engen Kanals ein wenig nach vorne schieben. Erst als hinter uns kein Motorboot mehr nachkommt, schießen wir los und paddeln, was das Zeug hält, um nicht die Schuld dafür zu bekommen, wenn der nächste Schleusengang noch länger dauert.

Dann sind wir auf dem Ellbogensee. Der erste Teil des Namens ist passend gewählt, der zweite eigentlich nicht, denn man hat weniger das Gefühl sich auf einem See zu befinden, als vielmehr das, auf einem sehr breiten Fluss unterwegs zu sein. Rechts und links von uns erstrecken sich baumbestandene Hänge, darüber der stahlblaue Himmel, um uns herum Wasser und Boote in allen Größen. Mississippi-Feeling unplugged! Gemächlich folgen wir dem gewundenen Verlauf des Gewässers, und viel zu schnell kommen die Häuser von Priepert, unserem heutigen Etappenziel in Sicht. Naja, was heißt zu schnell — die Uhrzeit spricht ganz klar dafür sich allmählich um ein Quartier für die Nacht zu bemühen. Es ist nur so, dass ich bei dem herrlichen Wetter eigentlich noch gar keine Lust habe, die Tour zu beenden. Kordula gibt sich da etwas entschlossener. Also halten wir auf die Anlegestege zu, die wir ausmachen, überzeugt davon den Campingplatz von Priepert anzusteuern. Eine Augenweide ist das Gelände nicht, da es von den großen Hallen einer Werftanlage dominiert wird, die an die hiesige Marina angeschlossen zu sein scheint.

Beim Entladen des Bootes versenke ich versehentlich das Steuerblatt — das hatten wir doch früher schon einmal — habe aber keine Probleme, es wieder aus dem Wasser zu fischen. Kordula kümmert sich an der Anmeldung der Marina derweil um das Geschäftliche. Verdächtig günstig ist das hier — dafür stehen auf dem Zeltplatz aber auch nur Dixi-Klos und die Waschräume sind irgendwo am Ende der Welt. Wir werden uns nicht ganz einig, wo wir das Zelt aufstellen sollen. Ich favorisiere eine Stelle direkt am Wasser, genauer gesagt, an dem kleinen Kanal, der den Ellbogensee mit dem Großen Priepertsee verbindet. Die Stelle verfügt über einen dichten Grasteppich und eine Bank ist auch in der Nähe. Kordula hat jedoch Angst, nachts beim Toilettengang ins Wasser zu fallen und setzt sich für eine Stelle ein, die etwas weiter von der Bank entfernt ist und nur wenig mehr Grasbewuchs aufweist, als die sonstige unmittelbare Umgebung. Schließlich gebe ich nach. Wir bauen das Zelt auf und hängen unsere Badehandtücher zum Trocknen in den nahen Baum. Dann kommt zur Abwechslung wieder einmal unser komplettes Kochgeschirr zum Einsatz — zum ersten Mal seit unserem schönen Picknick am Rätzsee. Irgendwie müssen wir unsere Vorräte an Spaghetti und Tomatensoßen ja langsam mal abbauen.

Nach dem Essen brechen wir zu einem Spaziergang durch Priepert auf. Oft hatten wir das bislang in diesem Urlaub ja noch nicht, dass unser Campingplatz sich praktisch im Ort befand, so dass wir diese Gelegenheit nutzen müssen. Das erste, was wir erkennen, ist, dass unser Campingplatz gar nicht der Campingplatz ist. Der befindet sich nämlich jenseits des Marina-Geländes. Offensichtlich haben wir lediglich den Wasserwanderrastplatz erwischt, was Preis und Ausstattung unseres Quartiers ein wenig erklärt. Der wirkliche Campingplatz sieht sehr viel einladender aus, doch eigentlich war der Tag heute viel zu schön, um sich darüber jetzt zu ärgern. Unser Weg führt uns durch das in der Abenddämmerung schlummernde Dorf zum Großen Priepertsee. Dort nehmen wir eine Bank oberhalb des Strandbades ein und lassen die stimmungsvolle Kulisse auf uns wirken.

Zurück in unserem Zelt werden ein letztes Mal an diesem Tag die Abenteuer von Krimiheldin Mrs. Murphy bemüht. Dann ist dieser wunderschöne Tag zu Ende.

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