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Tour nach Fürstenberg


Geländedarstellung: © 1998 Microsoft (Encarta)
[Do, 24. Juli 2008]

Meine Blase treibt mich an diesem Morgen zu sehr früher Stunde aus dem Zelt. Doch was ich sehe, könnte auch noch Bestandteil eines Traums sein. Ich sehe nämlich nahezu nichts. Dichter Nebel hat den Wasserwanderrastplatz eingehüllt. Die Sichtweite bewegt sich irgendwo zwischen fünf und zehn Metern. Außerdem scheint es zu regnen, zumindest ist das mein Eindruck, als ich das Zelt verlasse. Als ich von dem Dixi-Klo zurückkomme, merke ich erst, dass die Tropfen, die in regelmäßigen Abständen auf unser Zeltdach klopfen, von dem Baum neben uns stammen. Der dichte Nebel scheint an dem Blätterwerk zu kondensieren. Benommen krieche ich in meinen Schlafsack zurück und schlafe weiter.

Wenige Stunden später scheint alles nur ein Spuk gewesen zu sein. Die Sonne brennt von einem wolkenlosen Himmel herunter und verdampft alles, was sich da über Nacht an Feuchtigkeit um uns herum verfangen hat. Unser letzter Tag, an dem wir mit Gepäck von Ort zu Ort paddeln, beginnt. Unsere Brötchen bekommen wir auch heute wieder an der Rezeption des Platzes. Unseren Kaffeemangel müssen wir auch dort beheben — leider zu absoluten Wucherpreisen. Der Rest ist wie gehabt. Zelt abbauen, Packen, Sachen im Boot verstauen und los geht's.

8 km trennen uns noch vom vorläufigen Ziel unserer Paddeltour. Das ist nicht viel, und so lassen wir es denn wieder eher gemütlich angehen. Der Wind weht heute aus eher westlichen Richtungen, kommt also zur Abwechslung zumindest tendenziell aus unserem Rücken. Wir holen unseren klapprigen Regenschirm mit den Deutschlandmotiven hervor und setzen Segel. Nachdem uns der Verlauf des Sees bei Großmenow einen Richtungswechsel von Südost nach Nordost aufzwingt, können wir das Ding jedoch schon wieder einklappen.

Über einen kurzen Flußabschnitt gelangen wir in den Ziernsee. Als wir auch den überquert haben, steuern wir den verlassen daliegenden Wasserwanderrastplatz an, um eine Brötchen-, Pinkel- und Lesepause einzulegen. An einer überdachten Tischgruppe machen wir es uns gemütlich. Später pflanzen wir uns ins Gras. Zwischendurch bekommen wir Gesellschaft von vier Jugendlichen, die mit Kanadiern unterwegs sind. Als eines der Mädchen einen Anruf auf seinem Handy bekommt, müssen sie uns erst fragen, wo wir uns eigentlich befinden. Den Namen des Sees, den ich ihnen nenne, geben sie durchs Telefon weiter, wohl ohne selbst etwas damit anfangen zu können. Schließlich brechen sie vor uns wieder auf und verschwinden in die Richtung, aus der sie gekommen sind. Es ist dieselbe, die auch wir bald darauf nehmen.

Über die Steinhavel geht es weiter in Richtung Fürstenberg. Wieder experimentieren wir mit dem brüchigen Segel, doch auf dem baumumstandenen Flussabschnitt kommen nur sporadisch ein paar Luftzüge an, und sobald eine Bö so kräftig wird, als dass man sie auch mal richtig nutzen könnte, zerlegt es auch schon unseren Schirm. Für eine kurze Weile öffnet sich die Landschaft zu unserer Rechten, als wir das Nordende des Menowsees passieren, dann tauchen wir wieder in das schattige Grün der Auwälder ein. Kurz hinter Steinförde erreichen wir bei der Steinhavelmühle die erste Schleuse des Tages, die zugleich die letzte Schleuse auf unserer Tour sein wird. Auch die vier Jugendlichen von Kleinmenow holen wir hier wieder ein. Bald darauf verlassen wir die Steinhavel und befinden uns auf dem Röblinsee. Da wir hier ein kurzes Stück in Richtung Westen paddeln müssen, bläst uns der Wind ein letztes Mal entgegen. Dann halten wir auf Fürstenberg zu. Die Insel, die wir laut Karte zu umrunden haben, entpuppt sich als eine flache Schilfansammlung, die sich zunächst kaum von der Uferlinie abhebt. Dahinter gelangen wir sehr schnell an den Campingplatz. Er wirkt einladend mit seinen bunten Ferienhütten mit spitz zulaufenden Dächern, die den Rand des Geländes säumen. An einer flachen Stelle ziehen wir das Boot aus dem Wasser. Unser Zelt bauen wir vor einer Gruppe überdachter Tische und Bänke in unmittelbarer Nähe zum Wasser auf.

Wie sich beim Anmelden herausstellt, sind die Duschen im Ãœbernachtungspreis enthalten. Dass sie das nach diesem Tag immer noch sind, möchte ich an dieser Stelle nicht garantieren, denn ich nehme die ausgiebigste Dusche dieses Urlaubs, wahrscheinlich sogar des ganzen Sommers. Kordula lässt sich den Genuss ein wenig durch den Umstand verderben, dass die Damenduschen offen stehen und von Vorbeilaufenden gut einsehbar sind. Nachdem wir uns ausgehfertig gemacht haben — so gut das mit unserem mangelnden Vorrat an frischen Klamotten eben noch möglich ist —, marschieren wir in die Stadt. Welch ein Unterschied, denselben Ort wie zu Beginn unseres Urlaubs noch einmal bei schönem Wetter zu sehen. Man hätte ihm in der Erinnerung völlig unrecht getan. Durch hübsche verwinkelte Gässchen, die zum Teil am Wasser entlang führen, erreichen wir den Marktplatz. Zuvor legen wir noch einen Abstecher zum Bahnhof ein, in der Hoffnung dort herauszubekommen, zu welchen Zeiten morgen früh die Züge von Neustrelitz nach Kratzeburg weiterfahren. Doch wie schon in Rheinsberg suchen wir vergeblich nach einem Fernverkehrsticketautomaten, der uns eine solche Information liefern könnte. Der vorhandene Automat für Nahverkehrstickets schafft das nicht und Personal sucht man auch an diesem Bahnhof vergebens. Zum Glück fällt mir ein, dass ich die Zeiten noch auf einem Zettel stehen haben müsste, den ich vor dem Urlaub mit Informationen aus dem Internet gefüttert habe.

Dass wir uns diesesmal ein Restaurant aussuchen, bei dem man im Freien sitzen kann, versteht sich von selbst. Dass wir am Marktplatzes fündig werden, wissen wir schon vorher und so sitzen wir dort schon bald an einem Tisch und lassen den Blick über den Platz schweifen, wo kleine Kinder an der Wasserspielinstallation herumplanschen, oder schauen nach dem Papagei im Eingangsbereich des Lokals, der dort für Unterhaltung sorgt. Am Tisch neben uns sitzt ein Mann und hat ein großes Glas Köstritzer Schwarzbier vor sich stehen. Eigentlich bin ich kein Schwarzbierfreund — viel mehr als einem habe ich bislang in meinem Leben allerdings auch noch nicht die Chance gegeben. Aber dieses Bier sieht so lecker aus, dass es eine verdient hat. Zehn Minuten später bin ich Köstritzer-Fan. Als Sättigungsbeilage wähle ich ein Bauernfrühstück, Kordula ein Schnitzel mit Tomaten und Käse überbacken. Zwischendurch leistet uns ein mörderisch großes Insekt Gesellschaft, von dem wir nicht sicher sind, ob es sich dabei um eine Hornisse handelt. Sie fliegt tatsächlich in mein Bierglas hinein, und als sie mit dem Hintern in der dunklen Brühe aufsetzt, bezweifle ich, dass sie ihren wuchtigen und jetzt obendrein auch noch nassen Körper jemals wieder aus dem Glas herausbekommt, doch sie schafft es. Vielleicht schmeckt ihr das Bier einfach auch nicht so gut wie mir.

Unweit des Marktplatzes entdecken wir eine Plus-Filiale. Das sie noch geöffnet hat, nutzen wir die Gelegennheit und decken uns unter anderem mit Keksen, Mini-Babybels, Äpfeln, Nescafe, Fruchtjoghurt und Dosenwurst ein. Dann machen wir uns auf dem Rückweg zum Campingplatz. Vor dem Zelt mit der schönen Aussciht über den Röblinsee machen wir es uns gemütlich. Das Kniffelglück hat sich nun endgültig zu meinen Gunsten gewendet, und Kordula muss eine Niederlage nach der anderen einstecken. Irgendwann taucht einer der Angestellten des Campingplatzes auf, ein Wikingertyp mit blondem langen Haar und ebenso blondem Bart, und meint, er könne nirgendwo unser Zeltschildchen entdecken. Wir erinnern uns, das kleine runde Schild mit der Nummer 98 am Zelt angebunden zu haben — hat uns das am Ende jemand geklaut? Nein unter einem Handtuch, das zum Trocken über dem Zelt hängt, kommt das weiße Schildchen wieder zum Vorschein. Dafür haben wir aber jetzt noch Gelegenheit, den Wikinger auszuquetschen, ab welcher Uhrzeit es die Brötchen gibt, die Kordula an der Rezeption bereits bestellt hat. Am liebsten würden wir nämlich schon um 8.41 Uhr den Zug in Fürstenberg besteigen, um unser Auto abzuholen. Da es die Brötchen jedoch schon um 7.00 Uhr gibt, stellt uns das nicht vor große Probleme. Mit dem Auto dürfen wir auch ohne weiteres reinfahren, und wenn wir später als um 12.00 Uhr hier wegkommen, wie es die Campingplatzordnung am Eingang eigentlich vorschreibt, ist das laut dem Wikinger auch kein Problem. Prima! Der Wikinger zieht weiter, und wir lassen den Abend ausklingen, lesen noch ein wenig im Zelt und träumen uns schließlich in den nächsten Tag.

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